Die Samstagsmütter sind zum 716. Mal in Istanbul zusammengetroffen, um nach dem Verbleib ihrer in Polizeigewahrsam verschwundenen Angehörigen zu fragen und eine Verurteilung der Täter zu fordern. Die Kundgebung, an der auch die HDP-Abgeordnete Hüda Kaya und die Schauspielerin Nur Sürer teilnahmen, fand unter massiver Polizeiblockade vor dem Gebäude des Menschenrechtsvereins IHD statt.
Zu Beginn der Kundgebung verurteilte Besna Tosun, deren Vater Fehim Tosun nach der Festnahme verschwunden ist, das polizeiliche Verbot: „Die Herrschenden wollen, dass sich die kommenden Generationen nicht mehr an die Verschwundenen erinnern. Sie teilen die Menschen auf in solche, die leben dürfen, und andere, die sterben müssen. An einige soll sich erinnert werden, andere sollen vergessen werden. Von der Gesellschaft fordern sie, das zu akzeptieren. Wir werden es jedoch niemals akzeptieren.“
Thema der heutigen Kundgebung waren Agit Akipa und Ibrahim Demir, die vor 27 Jahren in Şirnex (Şırnak) nach der Festnahme ermordet wurden. Agit Akipa war Vorsteher des Dorfes Çukurlu. Die Bewohner sollten dazu gezwungen werden, als Dorfschützer für den Staat tätig zu werden. Das gesamte Dorf wurde von Soldaten besetzt, die Dorfschule in einen Militärstützpunkt verwandelt. Agit Akipa und Ibrahim Demir forderten beim Landrat und beim Innenministerium den Abzug der Soldaten aus dem Dorf. Daraufhin wurde der staatliche Druck noch stärker. Am 12. Dezember 1991 wurden Akipa und Demir von Soldaten festgenommen. Als Familienangehörige bei der Jandarma nachfragten, erklärte der zuständige Kommandant, die beiden noch nie gesehen zu haben. Ein Soldat gab den Familien heimlich den Hinweis, in den nahegelegenen Höhlen zu suchen. Am 13. Dezember 1991 wurden die Leichname von Demir und Akipa in einer mit Steinen abgedeckten Höhle gefunden. Sie waren gefesselt, hatten verbundene Augen und wiesen Folterspuren auf.
Die Angehörigen erstatteten Anzeige, aber bis heute haben die eingeleiteten Ermittlungen zu keinem Ergebnis geführt. Rechtsanwalt der Hinterbliebenen war Tahir Elçi, der später Vorsitzender der Anwaltskammer von Amed war und 2015 selbst ermordet wurde.