Soydan Akay nach 32 Jahren Gefängnis endlich frei

Nach fast 32 Jahren Haft ist der schwerkranke kurdische politische Gefangene Soydan Akay aus dem Hochsicherheitsgefängnis Silivri entlassen worden. Sein Schicksal steht exemplarisch für den Umgang des Staates mit Andersdenkenden.

Schwerkranker politischer Gefangener

Der kurdische politische Gefangene Soydan Akay ist nach fast 32 Jahren Haft aus dem Hochsicherheitsgefängnis Marmara in Silivri entlassen worden. Das teilte seine Anwältin Esra Bilen mit. Die in der Nacht zum Dienstag erfolgte Freilassung markiert das Ende einer jahrzehntelangen Inhaftierung, die exemplarisch für den repressiven Umgang des türkischen Staates mit Kurd:innen steht.

Soydan Akay wurde 1971 in Gimgim (tr. Varto) bei Mûş geboren. Als er im August 1993 in Izmir verhaftet wurde, war er noch keine 22 Jahre alt. Er arbeitete in einem Buchladen und war in der kurdischen Kulturszene aktiv. Nach seiner Festnahme wurde er schwer gefoltert und bald darauf von einem Staatssicherheitsgericht (DGM) zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Vorwurf: Er sei der regionale PKK-Verantwortliche für die Ägäis-Region.

Nach Aufenthalten in verschiedenen Gefängnissen wurde Akay im April 2018 aus dem Hochsicherheitsgefängnis Maltepe im gleichnamigen Istanbuler Stadtteil in den Strafvollzugskomplex Marmara im weiter westlich gelegenen Silivri verlegt. Seine gesamte Haftzeit in dem berüchtigten Gefängnis war er strikter Isolation unterworfen. Sport, soziale Kontakte und sogar Zugang zu Büchern wurden ihm bis zuletzt verwehrt, Anwaltskontakte rechtswidrig aufgezeichnet. Selbst ein von ihm in Haft verfasstes Buch über die Geschichte jüdischer Kulturen wurde ihm nicht ausgehändigt – alles wegen „Sicherheitsbedenken“ und auf Weisung des Justizministeriums. Die Bedingungen, unter denen Akay über Jahre hinweg leben musste, gelten Jurist:innen als Paradebeispiel für das sogenannte „Feindstrafrecht“, das in der Türkei insbesondere auf Kurd:innen angewendet wird.

Im August 2023 hatte Akay, der seit vielen Jahren unter anderem an Prostatakrebs, Rheuma, Hepatitis B, Bluthochdruck und Herzproblemen leidet, seine reguläre Haftzeit von 30 Jahren verbüßt. Doch die Vollzugsbehörden unterstellten ihm eine „schlechte Sozialprognose“ und verweigerten seine Entlassung. Wie bei politischen Gefangenen üblich, hängt die Freilassung von der Prognose eines Kontrollausschusses ab, der sich aus dem Strafvollzugspersonal zusammensetzt – und damit gravierende juristische Befugnisse übernimmt. Die Konsequenz: willkürliche Entscheidungen, durch die Haftzeiten um Jahre verlängert werden.

Selbst als schwerkranker Gefangener bekam Soydan Akay jahrelang keine Perspektive auf Entlassung. Allein im zurückliegenden März musste er sieben Mal ins Gefängniskrankenhaus eingeliefert werden, drei Mal wegen akuter Notfälle. Im April erlitt er laut unabhängigen ärztlichen Gutachten einen Herzinfarkt – dieser soll im Gefängnis nicht erkannt worden sein. Dort attestierte man ihm lediglich einen „niedrigen Blutdruck“ und verlegte ihn zurück in die Einzelzelle. Mit seiner Freilassung endete nun eine Haft, die länger dauerte als das halbe Leben Akays. Für viele seiner Unterstützer:innen ist sie nicht nur ein persönlicher Befreiungsschlag, sondern auch ein symbolischer Moment in einem politischen Klima, das weiterhin durch tiefe Gräben und autoritäre Strukturen geprägt ist.