Gedenken an Tahir Elçi am Ort seiner Ermordung

Drei Jahre sind seit der Ermordung des Vorsitzenden der Anwaltskammer von Amed, Tahir Elçi, vergangen. Heute gedachten ihm viele Menschen am Ort seiner Ermordung, dem berühmten „Vierbeinigen Minarett“ in Sûr, der Altstadt von Amed.

Drei Jahre nach der Ermordung des Vorsitzenden der Anwaltskammer von Amed, Tahir Elçi, durch parastaatliche Kräfte wurde an den Menschenrechtsverteidiger mit einer Demonstration und einer Kundgebung am Ort seiner Ermordung gedacht. Die Gedenkveranstaltung am „Vierbeinigen Minarett“ wurde von der Anwaltskammer von Amed (Diyarbakır) organisiert. Es nahmen Vertreter*innen der Anwaltskammern von Dîlok (Antep), Izmir, Ankara, der Union der Anwaltskammern – Türkei (TBB), wie auch der Demokratischen Partei der Völker (HDP) mit den Abgeordneten Remziye Tosun, Selçuk Mızraklı, Musa Farisoğulları und vielen weiteren Anwält*innen teil.

Er wich keinen einzigen Schritt zurück“

Die Demonstration begann vor dem Gericht von Diyarbakır. Die Teilnehmer*innen trugen ein Transparent mit der Aufschrift: „Es gibt keinen Mord, den der Staat nicht aufklären konnte, es gibt einen Mord, den der Staat nicht aufgeklärt hat.“

Das „Vierbeinige Minarett“, an dem Elçi erschossen worden war, wurde von der Polizei umstellt. Als die Demonstration den Tatort erreichte, wurden die Aufnahmen der letzten Minuten Elçis abgespielt. Im Namen der Anwaltskammer von Amed sagte ihr Vorsitzender Cihan Aydın in Hinsicht auf die Hetze gegen Elçi vor dem Mord: „Sie haben über ihn riesen Überschriften gemacht, diejenigen, die von der Lynchkultur profitieren, haben darum gewetteifert.“ Dennoch sei Elçi keinen einzigen Schritt zurückgewichen.

Die Lügen der Regierung

Der Vorsitzende der Anwaltskammer ging auf die Erklärungen der Regierung ein, dass sie diesen Mord aufklären werden: „Das haben sie gesagt, aber mittlerweile sind drei Jahre vergangen. Die Ermittlungen sind nicht den winzigsten Schritt vorangegangenen. Sie haben nicht einmal die Patronenhülsen eingesammelt. Manche Videoaufnahmen sind einfach verschwunden, andere Kameras waren kaputt und wieder andere Aufnahmen wurden gelöscht. Der Bericht der Untersuchungskommission wird bis heute mit Vehemenz vor uns geheim gehalten; das wird sich wohl auch in Zukunft nicht ändern. Es wurde ein weiteres Mal nicht Wort gehalten, und so sind die Täter immer noch unter uns. Sie wollen die Akte Tahir Elçi genau wie die Akten Tausender Morde ‚unbekannter Täter‘ in den staubigen Regalen vergessen machen. Aber wir werden das nicht erlauben. Wir werden den Tod von Tahir Elçi unablässig verfolgen, wir werden ihn untersuchen und die Täter vor Gericht bringen.“

Aydın betonte, dass in diesem Fall die gleichen Mechanismen greifen, wie bei der Ermordung des Chefredakteurs der armenischen Zeitung AGOS, Hrant Dink. Aydın ging auf die Zeit der Ausgangssperren ein, in der Elçi ermordet wurde: „Herr Elçi hat in dieser chaotischen und düsteren Zeit unser aller Verantwortung, zu verhindern, dass nicht noch schlimmeres passiert, unterstrichen. Menschenrechtsorganisationen zu Folge wurden in Nisêbîn, Farqîn, Cizîr, Gever, Hezex, Şîrnex und Sûr bei den Ausgangssperren 79 Kinder, 71 Frauen und insgesamt mindestens 321 Zivilist*innen getötet. Von den Verboten waren 1,6 Millionen Menschen direkt betroffen.“

Aydın fuhr folgendermaßen fort: „Der Staat will, anstatt die Verantwortlichen für Tausende Morde ‚unbekannter Täter‘ und das Verschwindenlassen, wie auch den Mord an Tahir Elçi vor Gericht zu bringen, die Aktionen der Samstagsmütter, die seit Jahren nach dem Schicksal ihrer Angehörigen fragen, verhindern und hat damit seine Absichten in dieser Hinsicht mehr als deutlich gemacht. In diesem Sinne wollen wir als Freund*innen und Kolleg*innen von Tahir Elçi ein weiteres Mal laut sagen, dass wir an der Seite der Friedensmütter stehen und ihren Schmerz sowie ihre Forderungen teilen.“