Mazlum Dağ und Abdurrahman Er beenden Hungerstreik

Fünfundsechzig Tage lang befanden sich die Todeskandidaten Mazlum Dağ und Abdurrahman Er im Gefängnis von Hewlêr im Hungerstreik. Nun haben sie wieder Nahrung zu sich genommen – weil ihre Forderungen erfüllt worden sind.

Mazlum Dağ und Abdurrahman Er haben ihren Hungerstreik beendet. Mitte Mai hatten die in der Kurdistan-Region Irak (KRI) inhaftierten Todeskandidaten verkündet, bis auf Weiteres die Nahrungsaufnahme verweigern zu wollen, da ihre Rechte aufs Schwerste verletzt würden. Sie beklagten sich über körperliche und seelische Misshandlungen wie etwa Isolationshaft, die sie im Gefängnis von Hewlêr erdulden müssten. Zudem wollte man ihnen Einheitskleidung aufzwingen. Seit Donnerstag nehmen Dağ und Er wieder Nahrung zu sich. Ihre Forderungen seien erfüllt worden, ließen sie über ihre Familienangehörigen mitteilen.

„Wir sind froh, dass unsere Kinder ihren Hungerstreik beendet haben”, sagte Mazlum Dağs Mutter Kudret Dağ vor Journalistinnen und Journalisten in der HDP-Vertretung in Silêmanî. Sie forderte Politik und Justiz auf, ihre Anstrengungen zu verstärken, um Rechtsverletzungen an „inhaftierten Kindern des kurdischen Volkes” Einhalt zu gebieten. Abdurrahman Ers Vater Şahin Er äußerte sich besorgt über den Gesundheitszustand der Gefangenen. Nach über zwei Monaten im Hungerstreik seien sie extrem erschöpft, schwach und abgemagert. Das habe er bei einem Besuch im Gefängnis feststellen müssen. Jetzt sei man erleichtert, dass Er und Dağ wieder begonnen hätten, zu essen.

Pressekonferenz der Eltern von Mazlum Dağ und Abdurrahman Er

„Wir haben die Zusage erhalten, dass die Vollzugsleitung ihren Wünschen nachgekommen ist“, sagte Er. Maßgeblich dafür sei der Einsatz von einer Reihe politisch Handelnder gewesen, bei denen er sich bedankte. Hamit Dağ, ein Onkel väterlicherseits von Mazlum Dağ, erklärte, die Familien hätten Gespräche mit der Unabhängigen Menschenrechtskommission der KRI und einem Berater des Ministeriums für Soziales geführt, um die Lage im Todestrakt zu deeskalieren. Er zeigte sich erfreut, dass diese Gespräche fruchteten, sodass sein Neffe und dessen Mitgefangener ihren Protest beenden konnten.

Über Mazlum Dağ und Abdurrahman Er

Mazlum Dağ und Abdurrahman Er werden beschuldigt, am 17. Juli 2019 den türkischen Vizekonsul und Geheimdienstverantwortlichen Osman Köse sowie zwei weitere Personen in einem Luxusrestaurant in Hewlêr, der Hauptstadt der südkurdischen Autonomieregion, erschossen zu haben. Die Aktivisten weisen die Vorwürfe zurück. Ein Strafgericht in Hewlêr verurteilte sie im Februar 2020 in einem auf Druck der Türkei zustande gekommenen Schauprozess wegen dreifachen Mordes zum Tode. Nach der Urteilsverkündung waren die Männer in eine Gefängniszelle von IS-Dschihadisten verlegt worden. Im September 2020 sind die Todesurteile vom Kassationsgericht bestätigt worden. Gegen ihre Entrechtung haben Dağ und Er bereits mehrfach mit einem Hungerstreik protestiert. Der letzte hatte am 18. Mai begonnen.


Titelbild: Kundgebung gegen die Todesstrafe für Mazlum Dağ und Abdurrahman Er im Dezember 2020 im schweizerischen Bern.