Disziplinarstrafen gegen Hungerstreikende in Riha

Politische Gefangene in der Türkei fordern mit einem Hungerstreik die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan und eine Lösung der kurdischen Frage. In Vollzugsanstalten in Riha wurden Disziplinarstrafen gegen Hungerstreikende verhängt.

Die Vereinigung „Jurist:innen für Freiheit“ (ÖHD) hat nach Besuchen bei Gefangenen in den Strafvollzugsanstalten I und II in Riha (tr. Urfa) einen Bericht veröffentlicht. Laut dem Bericht der ÖHD-Zweigstelle Riha befinden sich politische Gefangene in beiden Haftanstalten im Hungerstreik gegen die Isolation von Abdullah Öcalan und für eine Lösung der kurdischen Frage.

In der T-Typ-Anstalt II, in der ungefähr sechzig politische Gefangene inhaftiert sind, besuchten die Rechtsanwält:innen unter anderem Emin Güler, der trotz einer Schwerbehinderung von neunzig Prozent an dem Hungerstreik teilnimmt. Wie der ÖHD mitteilt, sollte Güler gleich am ersten Tag in eine Einzelzelle verlegt werden. Die Vollzugsleitung begründete die Maßnahme damit, ihn unter Kontrolle halten zu wollen. Weil jedoch keine Einzelzelle frei war, wurde er zurück in seinen Trakt gebracht. Wegen seiner Teilnahme am Hungerstreik wurde er mit einer Disziplinarstrafe belegt und darf einen Monat lang nicht an anstaltsinternen Aktivitäten teilnehmen. Außer Emin Güler ist in der Abteilung auch der Gefangene Maksut Dürmüş im Hungerstreik

Psychologische Zwangsberatung

In der T-Typ-Haftanstalt I wurde wegen des Hungerstreiks ein Disziplinarverfahren gegen den Gefangenen Selami Çiftçi eingeleitet. Laut dem Bericht wurde Çiftçi einem Psychologen vorgestellt, der ihn davon zu überzeugen versuchte, die Aktion abzubrechen. In der Vollzugsanstalt sind außerdem die Gefangenen Aydın Oba und Kadir Demir seit vier Tagen im Hungerstreik.

Hintergrund: Hungerstreik in türkischen Gefängnissen

In der Türkei inhaftierte Mitglieder und Sympathisant:innen der PKK und PAJK sind am 27. November zur Unterstützung der internationalen Kampagne „Freiheit für Öcalan und eine politische Lösung für die kurdische Frage" in einen Hungerstreik getreten. Der Hungerstreik wird gruppenweise im Wechsel geführt und ist vorerst befristet bis 15. Februar. Kranke und Alte sowie Gefangene mit einer Reststrafe von unter zwei Jahren werden nicht in die Aktion einbezogen. Der Gefangenensprecher Deniz Kaya rief die Gefangenen zum kollektiven Handeln und zum Verzicht auf individuelle Aktionsformen auf.

Die Erklärung zum Hungerstreik enthält eine ausführliche politische Analyse zu den Entwicklungen in der Türkei und im Nahen Osten. Die Minimalforderung des Hungerstreiks ist die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan auf der Gefängnisinsel Imrali. Von dem PKK-Begründer und kurdischen Vordenker gibt es seit März 2021 kein Lebenszeichen mehr. „Wenn von Imrali nichts zu hören ist, ist im negativen Sinne alles denkbar. Zu dieser Annahme veranlasst uns die Tradition der Republik Türkei und das, was wir bis heute erleben. Auf Imrali wird der eigentliche Kampf geführt. Seitdem 2015 die Tore von Imrali für die Öffentlichkeit geschlossen wurden, wird das Konzept eines totalen Krieges umgesetzt. Die Gewalt der Massaker und Einschüchterungspolitik draußen ist ein Hinweis darauf, dass der Kampf auf Imrali mit gleicher Intensität geführt wird“, erklärte Gefangenensprecher Deniz Kaya, „Wo auch immer wir atmen, wir werden niemals unser Beharren auf ein freies Leben und unseren Glauben an die freie und gleichberechtigte Einheit unserer Völker aufgeben.“