Die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in 2023 entscheiden über die Zukunft der gesamten Gesellschaft in der Türkei. Die Wirtschaftskrise und die hohe Inflation, die seit mehr als zwei Jahren die Bevölkerung in die Armut drängen, überschatten die Wahlen. Ebenso belasten die Gewalt völkerrechtswidriger Kriege, die staatliche Repression und die Femizide die gesellschaftliche Atmosphäre. Oppositionelle Politiker:innen, die gegen die Politik der Gewalt, Hetze und Repression kämpfen, werden abgesetzt, verfolgt oder eingesperrt.
Die Dokumentation „Tearing Walls Down” von Şerif Çiçek und Hebun Polat, die unter anderem von dem Kölner Sozialwissenschaftler und Vorsitzenden des Vereins „Stimmen der Solidarität – Mahnwache Köln“ Adil Demirci mitproduziert wurde, behandelt exemplarisch drei Schicksale. Der Film porträtiert das Leben und politische Wirken von Aysel Tuğluk, Figen Yüksekdağ und Gültan Kışanak – drei demokratisch gewählte Politikerinnen der HDP und BDP, die 2016 im Zuge der Repressionswelle nach dem einseitig von der türkischen Regierung mit der kurdischen Bewegung beendeten Friedensprozess inhaftiert wurden – mit Anekdoten von Sibel Yiğitalp. Die exilierte ehemalige Abgeordnete setzt sich bis heute für ihre Freilassung ihrer inhaftierten Weggefährtinnen ein.
Von links nach rechts: Gazel Bulut, Figen Yüksekdağ und Gültan Kışanak im Juli 2022 im Hochsicherheitsgefängnis Kandıra. Die in Haft an Alzheimer-Demenz erkrankte Aysel Tuğluk ist seit Oktober frei. | Foto: Evin Jiyan Kışanak via Kısadalga
Die Dokumentation, die auch eine Fortsetzung des Films „Gefängnis oder Exil“ ist, vermittelt eindrücklich, unter welchem Druck und Repression die Opposition in der Türkei steht und dennoch nicht aufgibt. Angesichts der bevorstehenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen ein bedeutender Einblick in die Türkei. Die Premiere von „Tearing Walls Down“, dessen türkischer Name „Yıkılacak Duvarlar“ lautet – nach einem Gedichtband von Figen Yüksekdağ, findet heute um 20 Uhr im Filmhaus Köln statt. Dabei wird es auch ein Filmgespräch geben, unter anderem mit Sibel Yiğitalp, der HDP-Deutschlandsprecherin und ehemaligen Bürgermeisterin von Cizîr, Leyla Imret, dem Kölner Journalisten Günter Wallraff und dem Regisseur Şerif Çiçek. Tickets für die Vorführung sind noch im Netz über das Filmhaus erhältlich.
Weitere Vorführungen von „Tearing Walls Down“ finden unter anderem am 9. Mai in Frankfurt am Main im Rahmen einer Medico-Veranstaltung und am 14. Juni in Karlsruhe statt.