Kassationshof bestätigt Urteil gegen Figen Yüksekdağ

Das oberste Berufungsgericht der Türkei hat eine einjährige Freiheitsstrafe gegen die HDP-Politikerin Yüksekdağ wegen vermeintlicher Terrorpropaganda bestätigt. Grundlage des Urteils ist eine Rede über die Verschleppung von Abdullah Öcalan.

Das oberste Berufungsgericht der Türkei hat eine Verurteilung über ein Jahr Freiheitsstrafe gegen die HDP-Politikerin Yüksekdağ wegen vermeintlicher Terrorpropaganda bestätigt. Wie erst an diesem Freitag bekannt wurde, hat der Kassationshof in Ankara bereits mit einer Entscheidung vom 22. Dezember 2021 die Revision des Urteils gegen die 50-Jährige in allen Punkten abgewiesen und die Entscheidung der Justiz aus zweiter Instanz gutgeheißen. Damit ist der Rechtsweg in der Türkei ausgeschöpft. Yüksekdağ bleibt jetzt nur noch der Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg, der das Urteil in Frage stellen kann.

Grundlage des Urteils gegen Figen Yüksekdağ ist eine Rede anlässlich des Jahrestags der völkerrechtswidrigen Verschleppung von PKK-Begründer Abdullah Öcalan in die Türkei, die am 15. Februar 2015 auf einer Demonstration in Istanbul gehalten wurde. Bei dem folgenden Prozess an einem Strafgericht warf die Staatsanwaltschaft der Politikerin auch das Verherrlichen von Straftätern und einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz vor. Von diesen Anklagepunkten wurde sie im April 2017 freigesprochen.

Seit über fünf Jahren in politischer Geiselhaft

Figen Yüksekdağ, die 2014 zur Ko-Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Völker (HDP) gewählt wurde, befindet sich seit mehr als fünf Jahren in politischer Geiselhaft in einem Gefängnis in Kocaeli. Zeitgleich mit Selahattin Demirtaş und weiteren HDP-Abgeordneten wurde sie im November 2016 auf Betreiben des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan verhaftet. Im Hauptverfahren, in dem Yüksekdağ bis zu 83 Jahre Gefängnis drohen, wird die Politikerin unter anderem beschuldigt, eine Terrororganisation gegründet und geleitet zu haben. Außerdem soll sie nach Auffassung der Staatsanwaltschaft „Propaganda“ für die PKK und „Separatismus“ betrieben haben. Die 92 Seiten lange Anklage baut auf sieben Ermittlungsberichten auf, die Reden und Aussagen von Yüksekdağ in Interviews inkriminieren und dem türkischen Parlament während ihrer Zeit als Abgeordnete zur Aufhebung der Immunität vorgelegt wurden. Im Kobanê-Verfahren werden der Politikerin und mehr als hundert Mitangeklagten staatsfeindliche Aktivitäten, 37-facher Mord und Dutzende Mordversuche im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Unterstützung der türkischen Regierung für den IS bei der Belagerung von Kobanê im Oktober 2014 vorgeworfen. Allen Angeklagten droht Haft bis zum Tod.

In mehreren Verfahren bereits verurteilt

In anderen Verfahren wurde Figen Yüksekdağ bereits zu verschiedenhohen Freiheitsstrafen verurteilt. 2018 erhielt sie wegen „Propaganda für eine terroristischen Vereinigung“ eine anderthalbjährige Haftstrafe für ein Interview , das sie drei Jahre zuvor der Deutschen Welle gegeben hatte. In der Reportage hatte sie die PKK als Freiheitsbewegung bezeichnet. 2019 wurde Yüksekdağ wegen „Beleidigung des Staatspräsidenten“ ebenfalls zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt. Die Politikerin hatte Erdoğan bei einer staatsanwaltschaftlichen Anhörung nach ihrer Festnahme im November 2016 als einen Menschen „mit vielen Makeln in seiner politischen Vergangenheit“ bezeichnet. Der AKP-Chef zeigte sich in gewohnt harscher Manier empört und ließ gleich mehrere Verfahren wegen Kränkung seiner Person gegen Yüksekdağ eröffnen. Einige dieser Prozesse sind weiter anhängig.