Türkei verweigert Öcalan weiterhin Recht auf Hoffnung

Trotz eines Urteils des EGMR beharrt die Türkei darauf, Abdullah Öcalan vom „Recht auf Hoffnung“ auszuschließen. In einem aktuellen Aktionsplan teilt Ankara dem Europarat mit, keine Gesetzesänderung vornehmen zu wollen.

Neuer Aktionsplan Ankaras an Europarat

Die türkische Regierung hat gegenüber dem Ministerkomitee des Europarats bekräftigt, dass Abdullah Öcalan weiterhin kein Zugang zum sogenannten „Recht auf Hoffnung“ eingeräumt wird. In einem am 27. Juni übermittelten Aktionsplan zum Umgang mit Gefangenen, die mit einer erschwerten lebenslangen Freiheitsstrafe belegt sind, erklärt Ankara, für bestimmte Verurteilte bleibe eine Haftprüfung dauerhaft ausgeschlossen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte bereits im Jahr 2014 geurteilt, dass eine lebenslange Haft ohne realistische Aussicht auf Entlassung gegen Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoße. Konkret erklärte das Gericht, dass die Türkei mit der Verurteilung Öcalans zu einer erschwerten lebenslangen Freiheitsstrafe gegen das Verbot unmenschlicher und erniedrigender Behandlung verstoßen habe – und forderte eine gesetzliche Neuregelung.

Trotz mehrfacher Aufforderungen durch das Ministerkomitee des Europarats blieb Ankara bisher untätig. Auch in ähnlich gelagerten Fällen – etwa bei den Gefangenen Hayati Kaytan, Emin Gurban und Civan Boltan (sogenannte Gurban-Gruppe) – ignorierte die Türkei entsprechende Urteile. Eine Reihe von NGOs, darunter die Anwaltskanzlei Asrin, der Menschenrechtsverein IHD, die Menschenrechtsstiftung TIHV, die Juristenvereinigung ÖHD und die Stiftung für Gesellschaft und Recht (TOHAV), reichten 2022 gemeinsam eine Eingabe an das Ministerkomitee ein, um die Umsetzung des Urteils zu erzwingen.

Das Ministerkomitee nahm den Fall zuletzt im September 2024 erneut auf und forderte konkrete Schritte. Sollte Ankara bis zur kommenden Sitzung im September 2025 keine Maßnahmen ergreifen, kündigte das Gremium die Verabschiedung einer Zwischenresolution an – ein deutliches diplomatisches Signal. Doch in dem nun vorgelegten Aktionsplan verweist die Türkei lediglich allgemein darauf, dass in Ausnahmefällen bestimmte Straftaten vom Recht auf vorzeitige Haftentlassung ausgenommen seien. Öcalan wird darin zwar nicht namentlich genannt – doch durch die Bezugnahme auf „besonders schwere Straftaten“ und das Fehlen jeglicher Reformzusagen bleibt klar: Die Regierung beabsichtigt keine Änderung im Fall Öcalan.

Justizminister Yılmaz Tunç hatte bereits im Mai erklärt, das „Recht auf Hoffnung“ komme für Öcalan nicht infrage. Ähnliche Formulierungen hatte Ankara auch in früheren Jahren verwendet, und damit das EGMR-Urteil faktisch ignoriert. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Verhalten der Türkei als rechtsstaatlich unhaltbar. Sie sehen in der anhaltenden Isolationshaft Öcalans einen klaren Bruch mit internationalen Standards. Eine Zwischenresolution des Europarats im Herbst könnte den Druck auf Ankara noch einmal deutlich erhöhen.