KCK kritisiert Ministerkomitee des Europarats

Das Ministerkomitee des Europarats hat der Türkei ein weiteres Jahr Zeit gegeben, verpflichtende Urteile des Menschenrechtsgerichtshofs in Sachen Abdullah Öcalan und weiterer Gefangener umzusetzen. Die KCK kritisiert die Entscheidung.

Recht auf Hoffnung für Öcalan und weitere Gefangene

Am 18. März 2014 entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR), dass die Verurteilung des PKK-Begründers Abdullah Öcalan zu einer verschärften lebenslangen Freiheitsstrafe ohne das Recht auf bedingte Entlassung gegen das Verbot von Folter und Misshandlung gemäß Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt. Der EGMR forderte die Türkei auf, Maßnahmen im Sinne des als „Öcalan 2“ bezeichneten Urteils zu treffen. Später erfolgten ähnliche Urteile für die Gefangenen Hayati Kaytan, Emin Gurban und Civan Boltan.

Das für die Überwachung der Umsetzung von EGMR-Urteilen zuständige Ministerkomitee des Europarats (CoE) hat in seiner Sitzung vom 17. bis 19. September erneut über die als „Gurban-Gruppe gegen Türkei“ zusammengefassten Fälle beraten und die Türkei aufgefordert, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Die nächste Überprüfung wurde auf September 2025 terminiert.

Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) kritisiert die Entscheidung, dem türkischen Staat ein weiteres Jahr Zeit für die Umsetzung eines seit zehn Jahren verpflichtenden Urteils über das „Recht auf Hoffnung“ zu geben. Die Ko-Vorsitzenden des KCK-Exekutivrats bezeichneten die Haltung des Europarats in einer Mitteilung als unzureichend. Es sei „ein schwerwiegendes Paradoxon und ein inakzeptabler Ansatz, dass das Ministerkomitee des Europarats nicht die notwendigen Entscheidungen trifft und der Türkei eine Frist setzt“. Der türkische Staat verweigere sich dem Urteil offenkundig und berücksichtige bei seinem Vorgehen gegen Kurdinnen und Kurden keinerlei Rechtsgrundsätze, Moral oder Ethik, erklärte die KCK in einer Stellungnahme.

Abdullah Öcalan sei seit über 25 Jahren Isolationsfolter ausgesetzt, seit dreieinhalb Jahren sei jegliche Verbindung zur Außenwelt gekappt. „Die Entscheidung des Ministerkomitees des Europarats legitimiert die Verbrechen des türkischen Staates, die eine offene Verletzung von Rechten darstellen. Angesichts dieser sehr deutlichen und in keiner Weise zu rechtfertigenden Rechtsverletzungen hätte das Ministerkomitee des Europarats Druck auf den türkischen Staat ausüben müssen, um ihn zu sofortigen Maßnahmen zu zwingen“, so die KCK.

Weiter hieß es in der Erklärung: „Die faschistische AKP/MHP-Regierung setzt ihre Politik des Völkermords an den Kurdinnen und Kurden mit Unterstützung der USA, Israels, der NATO und europäischer Staaten fort. Die europäischen Institutionen haben es bisher versäumt, gemäß ihren Verantwortlichkeiten und Aufgaben zu handeln, und haben nicht die notwendige Haltung zur Umsetzung sowohl der Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention als auch des Völkerrechts eingenommen. Sie haben angesichts der eklatanten Verstöße und Verbrechen gegen die Menschlichkeit des türkischen Staates gegen die Kurdinnen und Kurden und Rêber Apo [Abdullah Öcalan] geschwiegen und passiv zugesehen. Zuvor wurde die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), dass Rêber Apo kein faires Verfahren erhalten hat und daher ein neues Verfahren durchgeführt werden sollte, vom türkischen Staat nicht umgesetzt. Es wurde jedoch nichts dagegen unternommen. Das Europäische Komitee zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (CPT) hat nicht nur seine Verantwortung, die von ihm selbst definierten eindeutigen Verbrechen und Gesetzesverstöße zu beheben, nicht erfüllt, sondern sich auch selbst widersprochen, indem es erklärte, es habe der Türkei eine Frist gesetzt, während es gleichzeitig das Geschehene legitimierte. Nun hat das Ministerkomitee des Europarats einen ähnlichen Ansatz gewählt und der Türkei eine Frist gesetzt.“

Die KCK wies darauf hin, dass die Isolation von Abdullah Öcalan in direktem Zusammenhang mit dem Völkermord in Kurdistan steht und der türkische Staat dabei von außen unterstützt wird. „Die europäischen Institutionen, insbesondere der Europarat, und alle verantwortlichen Organisationen müssen ihrer Verantwortung gerecht werden. Anstatt rote Linien zu ziehen, müssen angesichts der schweren Menschenrechtsverletzungen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit sofortige Maßnahmen ergriffen werden, um dem ein Ende zu setzen. Wir appellieren an alle Organisationen und Einzelpersonen, die sich für den Schutz der Menschenrechte einsetzen: Das Vorgehen gegen Rêber Apo kann nur als das bezeichnet werden, was es ist – ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Vorgehen des türkischen Staates und der AKP/MHP-Regierung gegen das kurdische Volk und Rêber Apo ist im Wesentlichen ein Angriff auf die menschlichen Werte. Wir rufen dazu auf, sich entschieden gegen diese Rechtswidrigkeit und Ungerechtigkeit zu stellen und auf dieser Grundlage Maßnahmen zu ergreifen. Bis heute haben viele Entscheidungen internationaler Institutionen gezeigt, dass der türkische Staat Rechte, Gesetze, Gerechtigkeit und Moral mit Füßen tritt. Die Entscheidung des Ministerkomitees des Europarats hat diesen Charakter des türkischen Staates und die Richtigkeit des Kampfes gegen ihn erneut bewiesen. Aus dieser Perspektive ist es sehr wichtig, dass alle, insbesondere die Menschen in Kurdistan, die an der globalen Freiheitskampagne teilnehmen und sie unterstützen, ihren wertvollen Kampf für die physische Freiheit von Rêber Apo weiter verstärken.“