Die Plattform gegen Frauenmorde (Kadın Cinayetlerini Durduracağız Platformu, KCDP) hat ihre Monatsbilanz für August veröffentlicht. Wie daraus hervorgeht, ist die Situation für Frauen in Nordkurdistan und der Türkei unverändert prekär. Im Vormonat haben die Aktivistinnen 27 Morde an Frauen durch Ehemänner, Partner oder nahestehende männliche Verwandte registriert. In 23 weiteren Todesfällen von Frauen besteht der Verdacht einer Einwirkung durch Männer aus ihrem Umfeld. Laut der in Istanbul ansässigen Frauenrechtsorganisation würden insbesondere seit Ausbruch der Corona-Pandemie immer häufiger verdächtige Todesfälle als Selbstmorde oder natürlicher Tod abgetan. Die Plattform beklagt, dass Justiz und Politik Femizide vertuschen und Gewalttaten an Frauen nicht aufgeklärt werden.
Gegenüber Juli ist die Anzahl der Frauenmorde im vergangenen Monat rückläufig gewesen. Die Organisation führt den Rückgang auf die landesweiten Aktivitäten und Proteste gegen die Pläne der Regierung zurück, aus der Istanbul-Konvention zurückzutreten. Bei dem Abkommen handelt es sich um einen 2011 vom Europarat verabschiedeten Gesetzesvorschlag, der Gewalt gegen Frauen – insbesondere im häuslichen Umfeld – eindeutig als Verbrechen definiert. Die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich, „einen Beitrag zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau zu leisten und eine echte Gleichstellung von Frauen und Männern, auch durch die Stärkung der Rechte der Frauen, zu fördern“. Die Türkei unterzeichnete die Konvention als erstes Land. Umgesetzt wurde sie allerdings so gut wie gar nicht.
Ohne Präventionsarbeit wird Dimension der Gewalt zunehmen
„Von den 27 Frauen, die im August ermordet worden sind, wurden vier unter dem Vorwand wirtschaftlicher Probleme umgebracht. Sieben weitere Frauen wurden getötet, weil sie sich von ihren Partnern trennen oder nicht versöhnen wollten oder eine Beziehung verweigerten. Also weil sie selbst über ihr Leben bestimmten. In sechzehn Fällen konnte das Mordmotiv nicht sicher festgestellt werden“, heißt es in dem Bericht von KCDP. Dass dem so ist, sei eine Folge des Versuchs, Gewalt gegen Frauen und Femizide unsichtbar zu machen, unterstreicht die Plattform. „Solange nicht festgestellt wird, von wem und aus welchem Grund Frauen ermordet werden, solange keine gerechten Urteile gefällt und die Täter keine abschreckenden Strafen erhalten, solange keine Präventionsarbeit stattfindet, wird die Dimension der Gewalt immer weiter zunehmen.“
Die Täter
Acht der Femizid-Opfer im August wurden von Ehemännern, sechs von Lebensgefährten, jeweils vier von Exmännern und männlichen Bekannten, zwei von ihren Vätern, eine von ihrem Bruder, eine von ihrem Sohn und zwei von entfernteren Verwandten ermordet. Am tödlichsten ist offensichtlich das eigene Zuhause, da 15 der Frauen in den eigenen vier Wänden ermordet wurden. Fünf Fälle trugen sich auf der Straße zu, drei auf dem Feld, einer in einem Auto, einer am Arbeitsplatz des Opfers und zwei weitere im öffentlichen Raum. Bei einer Frau ist unklar, wo sie ermordet wurde. Als Mordwaffen kamen in 14 Fällen Schusswaffen und in sieben Fällen Messer zum Einsatz. Drei Frauen wurden erwürgt, zwei Frauen zu Tode geprügelt und eine Frau bei lebendigem Leib verbrannt.
Die Opfer
Bei den ermordeten Frauen handelt es sich um Fatma Altun, Sevgi Yavuz, Hatice Şimşek, Yonca Tatarka, Dilek Akbulut, Makhfırat Ashurova, Dilan Karataş, Merve Yeşiltaş, İkbal Polat, Gizem Filiz, Şahime Erdoğan, Dudu Çağın, Altue El Hassan, Süreyya Şehmus Çiçek, Fatma Esra Dirlikli, Rozygul Rejepova, Ebru Tekin, A.A., Nurbari Mircihan, Aynur Sülükoğlu, Arzu Gül Komekova, Naime Ceylan, Remziye Yoldaş, Sibel Şirin, Meliha Kaya, Dilan Toptaş und Sevim Sökmensuer.