Poggibonsi verleiht Ehrenbürgerschaft an Varisheh Moradi

Poggibonsi verleiht der inhaftierten kurdischen Aktivistin Varisheh Moradi die Ehrenbürgerschaft. Die italienische Stadt setzt damit ein Zeichen gegen politische Willkür in Iran – und für universelle Menschenrechte.

In Iran zum Tode verurteilte Kurdin

Die toskanische Stadt Poggibonsi hat der in Iran inhaftierten kurdischen Aktivistin Varisheh Moradi die Ehrenbürgerschaft verliehen. Der Gemeinderat beschloss die Auszeichnung am Vortag einstimmig, wie heute mitgeteilt wurde. Die Ehrung würdigt Moradis Engagement für die Rechte von Frauen und Kindern, insbesondere Straßenkindern, sowie ihren mutigen Einsatz für Frauenrechte und soziale Gerechtigkeit in Iran und in Syrien – trotz erheblicher persönlicher Risiken.

Ein Zeichen gegen Unterdrückung und für Menschenwürde

„Wir wollten mit dieser Entscheidung ein deutliches Zeichen setzen“, sagte Poggibonsis Bürgermeisterin Susanna Cenni. „Moradis Einsatz für Menschenrechte und die Freiheit der Frauen spiegelt die Grundwerte unserer Stadt wider – Freiheit, Gleichheit und Würde, wie sie in der italienischen Verfassung verankert sind.“ Die Initiative zur Verleihung der Ehrenbürgerschaft ging von den lokalen Organisationen „Donne Insieme per la Pace“ (Frauen gemeinsam für den Frieden) und dem Friedensforum Valdelsa aus.

Verfolgung, Haft, Todesurteil

Varisheh Moradi wurde in Sine (Sanandadsch) geboren. 2010 ging sie nach Südkurdistan und schloss sich der Gemeinschaft der freien Frauen von Rojhilat (KJAR), dem Dachverband der kurdischen Frauenbewegung in Ostkurdistan und Iran, an und setzte dort ihr politisches Engagement fort. Mit dem Aufkommen der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) im Irak und in Syrien ging sie nach Rojava und wurde sogar bei der Verteidigung von Kobanê verletzt. Noch immer befinden sich in ihrem Körper Schrapnell-Splitter, die sie sich beim Kampf um die bedeutsame Stadt zuzog. 

Im August 2023 wurde Varisheh Moradi in der Nähe von Sine vom iranischen Geheimdienst verhaftet und zunächst Opfer eines gewaltsamen Verschwindenlassens. Während dieser intensiven Verhörphase in einer Haftanstalt des Geheimdienstes in Sine wurde sie schwer misshandelt und ohne medizinische Versorgung gelassen. Nach knapp zwei Wochen wurde sie in die Abteilung 209 des Evin-Gefängnisses in Teheran verlegt, und im Dezember desselben Jahres in den Frauentrakt der berüchtigten Einrichtung. Auch hier wurde sie wiederholt misshandelt und gefoltert, um ein Geständnis abzulegen, dass sie mit Waffengewalt für kurdische Gruppen gegen die Islamische Republik Iran gekämpft hat. Diesen Vorwurf bestreitet sie.

Im November 2024 wurde Moradi vom Revolutionsgericht Teheran wegen angeblicher „bewaffneter Rebellion gegen den Staat“ (baghi) zum Tode verurteilt. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Verfahren als gravierend unfair. Die gegen sie erhobenen Vorwürfe beziehen sich ausschließlich auf ihre gewaltfreie politische und zivilgesellschaftliche Arbeit. Ihr Rechtsmittel gegen das Todesurteil ist derzeit vor dem Obersten Gerichtshof anhängig.

Solidarität mit „Jin Jiyan Azadî“

Mit der symbolischen Geste der Ehrenbürgerschaft will Poggibonsi nicht nur auf Moradis Schicksal aufmerksam machen, sondern auch die Frauenbewegung „Jin, Jiyan, Azadî – Frau, Leben, Freiheit“ unterstützen, die nach dem Tod von Jina Mahsa Amini durch die iranische Sittenpolizei aus Protest gegen die systematische Unterdrückung von Frauen in Ostkurdistan und Iran hervorgegangen ist. „Jede Initiative, die zur Sensibilisierung der internationalen Öffentlichkeit beiträgt, kann helfen – für den Fall Varisheh Moradi und für alle Frauen, die wegen ihrer Überzeugungen verfolgt werden“, sagte Bürgermeisterin Cenni.