KJAR schlägt Zehn-Punkte-Projekt für Iran vor

„Wir sind diejenigen, die die Welt mit dem Slogan Jin-Jiyan-Azadî verändern und befreien. Frauen sind die revolutionäre Kraft dieses Zeitalters“, erklärt die KJAR und schlägt ein Zehn-Punkte-Projekt für den revolutionären Umbruch im Iran vor.

Die Gemeinschaft der freien Frauen von Rojhilat (KJAR) schlägt ein Zehn-Punkte-Projekt für den von Frauen in Ostkurdistan und Iran angeführten Aufstand vor. Die Koordination der KJAR weist darauf hin, dass die von der kurdischen Frauenbewegung ins Leben gerufene „Jin Jiyan Azadî“-Philosophie im Vorfeld des internationalen Kampftages gegen Gewalt an Frauen am 25. November zu einer universellen Devise geworden ist: „Frauen aus aller Welt kommen unter diesem Motto zusammen und rücken einander näher. Das ist sehr aufregend und macht Hoffnung. Es ist das Passwort des Widerstands, der Talisman des Lebens und die Identität der Freiheit, besonders für Frauen und Völker in Rojhilat-Kurdistan und Iran.“

Diesmal sollten wir entscheiden“

Weiter heißt es in der Erklärung: „Wir erleben eine Zeit der Freiheit in Rojhilat-Kurdistan, angeführt von Frauen. Im 21. Jahrhundert werden wir durch die Revolution der Frauen ein freies Leben aufbauen. Die Frauen aus Rojhilat und alle iranischen Frauen fordern einen demokratischen Iran ein. Dieses Mal sollten wir Frauen und die Völker und nicht die Hegemonialmächte bestimmen, wie das neue Leben aussehen wird.

Wir sind diejenigen, die die Welt mit dem Slogan Jin-Jiyan-Azadî verändern und befreien. Es sind diejenigen, deren Herzen für Freiheit, Revolution, Gleichheit und Demokratie schlagen. Wir sagen, dass wir Frauen die revolutionäre Kraft dieses Zeitalters sind.

Was die gesamte Gesellschaft in Rojhilat und Iran vereint, ist der Widerstand von Frauen. Der Aufstand von Frauen erschüttert das Männerregime und macht den Frauenkonföderalismus lebendig. In diesem Aufstand sind bereits fast 400 Menschen gefallen. Wir gedenken dieser Demokratie-Gefallenen mit großer Liebe und Respekt und wir versprechen, dass wir den Kampf für ihren Traum von einer demokratischen und freien Entwicklung im Iran anführen werden.

Das Weltsystem der patriarchal-kapitalistischen Moderne hat keine Zukunft“

Es ist mehr denn je deutlich geworden, dass das Weltsystem der patriarchal-kapitalistischen Moderne keine Zukunft hat. Dieses System führt zu Krisen und Chaos auf der ganzen Welt, aber im Nahen Osten und vor allem in Kurdistan bedeutet es Krieg.

Mit dem dritten Weltkrieg kommt es zu immer mehr Konflikten, Flucht und Migration, Toten, Klimakatastrophen, Naturzerstörung und Armut. Von Krieg, Massakern, Migration, Armut und Gewalt sind Frauen am stärksten betroffen. Durch Kriege wird ihnen der Lebensraum genommen.

Das iranische Regime hat Angst vor Frauen“

Im Iran und in Rojhilat sind Frauen durch das Hidschab-Gebot starkem sozialen und psychischen Druck ausgesetzt, sie werden mit der Scharia-Gesetzgebung getötet. Die Moralpolizei nützt als Institution ausschließlich dafür, unmoralisches Verhalten in der Gesellschaft zu fördern. Wir sagen, dass nur Frauen über ihre Rechte entscheiden dürfen. Das ist ein grundlegendes Menschenrecht.

Im Zuge der Aufstände sind Tausende Menschen, Frauen, Jugendliche, Alte, von den Spezialkräften des iranischen Staates verhaftet worden. Sie sind Druck ausgesetzt und werden gefoltert. In vielen Fällen ist ihr Schicksal vollkommen unbekannt. Das iranische Regime hat große Angst vor der Freiheit von Frauen. Das bedeutet, dass der Iran von Frauen befreit werden muss.

Das freie Leben aufbauen"

Die Frauenrevolution im Iran und in Rojhilat wird täglich größer. Die Perspektive einer demokratischen Nation enthält alle für die Gesellschaft notwendigen Lösungen. Dieses Modell entspricht den Forderungen der Frauen und Völker. Als KJAR sagen wir: Lasst uns ein freies Leben aufbauen, indem wir eine demokratische Nation organisieren. Die Aufstände dauern seit zwei Monaten an und werden jeden Tag bunter und vielfältiger. Sie verlieren nichts von ihrer Großartigkeit. Es geht um das Beharren auf Freiheit, und es herrscht eine große Wut. Diese Wut hinterfragt und ist revolutionär. Es findet eine radikale Abrechnung mit der Hölle des männlichen Zeitalters statt.

Alle müssen sich in Komitees organisieren"

Alle an diesem Aufstand Beteiligten müssen sich in mindestens einem Komitee organisieren: Frauen, Studierende, Schüler:innen, Belutsch:innen, Perser:innen, Araber:innen, Mazeni, Gilek, Armenier:innen, Kurd:innen... Wer so großen Einsatz zeigt, muss dafür sorgen, dass diese Bemühungen eine Zukunft haben. Es ist an der Zeit, die Initiative zu ergreifen und einen demokratischen Aufbau zu ermöglichen.

Die Frauen machen deutlich, dass sie ihren Aufstand ausweiten werden, wenn es keine demokratischen Veränderungen in allen Lebensbereichen gibt. (…) Frauen wie Jina sind zu Fackeln der Freiheit geworden. Wir müssen uns mit ganzer Kraft einsetzen und dafür müssen wir organisiert sein. Bei den Aufständen ist sichtbar geworden, dass es vor allem der Kampf von Frauen für Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit ist, der das männliche Herrschaftssystem zu Veränderungen zwingt. An vielen Orten der Welt gehen auch Männer mit diesem Slogan auf die Straßen und zeigen damit, wie sehr sie dieses System leid sind. Damit ein demokratischer Iran entstehen kann, rufen wir Frauen jeder Farbe und Nation zum gemeinsamen Kampf auf.

25. November: Die Stimmen von Frauen weltweit vereinen

Wir müssen uns mit allen Frauen weltweit unter der Parole Jin-Jiyan-Azadî vereinen. Wir sind eins, wir existieren, wir sind wir selbst. Wir gehen für die Freiheit auf die Straßen und wir fordern mit einer rebellischen Haltung eine Demokratisierung ein. Für den 25. November appellieren wir an Frauen weltweit: Vereinen wir am Tag gegen Gewalt an Frauen unsere Stimmen für Jina Amini und alle Gefallenen. Lasst uns mit dem Ruf Jin-Jiyan-Azadî für die Frauen in Rojhilat und Iran auf die Straßen gehen und sie auf allen Kontinenten grüßen. Wir dürfen nicht vergessen, dass es Millionen Frauen wie Jina auf der Welt gibt. Die Freiheit ist nah und wir laufen ihr entgegen. Deshalb müssen wir unsere Kräfte vereinen.

Hinsichtlich einer Lösung erklären wir, dass es an der Zeit ist, in jedem Dorf, jedem Viertel, jeder Universität, jedem Ort, jedem Bezirk und jeder Stadt mit der Jin-Jiyan-Azadî-Philosophie eine demokratische Nation und eine Frauenorganisierung aufzubauen. Der Theoretiker dieses Slogans ist Abdullah Öcalan. Die Erhabenheit dieses großartigen Paradigmas liegt darin, dass es für Frauen auf der ganzen Welt gilt. Heute stellen sich die Frauen im Iran wie nie zuvor in der Geschichte gegen das herrschende System. Es geht um das elementare Recht, sich zu organisieren.

Zehn-Punkte-Projekt

Der Aufbau und die Entwicklung einer demokratischen Selbstverwaltung ist die Garantie für eine soziale Revolution. Auf dieser Grundlage stellen wir als KJAR den Frauen, der Jugend und der gesamten Gesellschaft unser Zehn-Punkte-Projekt vor, um die Frauenrevolution selbst in die Hand zu nehmen und zu schützen. Wir sehen uns verantwortlich für die praktische Umsetzung dieser Dimensionen.

1- Alle politischen Gefangenen, angefangen bei Zeynab Jalalian, müssen sofort freigelassen werden.

2- Im iranischen Bevölkerungsmosaik sollten unter der Führung von Frauen Komitees gebildet werden gegen das mörderische System, das Feindschaft zwischen den Völkern schürt. Es müssen demokratische Beziehungen und Bündnisse entstehen und es muss eine demokratische Verwaltung aufgebaut werden.

3- Nur wenn die Frauen, unser Volk und die Jugend sich in dem Bewusstsein organisieren, dass Selbstverteidigung ein Grundrecht ist, kann die Aufstandshaltung Kontinuität gewinnen. Angesichts der Spezialkriegspolitik gegen Frauen und die Gesellschaft ist Selbstverteidigung ein unverzichtbares Recht. Kein Viertel sollte ohne Komitees oder selbstorganisierte Einheiten sein. Unser Volk sollte in der Lage sein, die Mörder, Agenten, Vergewaltiger, Folterer und Funktionäre im Iran und in Rojhilat-Kurdistan zu bestrafen.

4- Mit der aktiven Beteiligung von Frauen sollten religiöse Führungspersönlichkeiten und Anwält:innen, die in der Gesellschaft Vertrauen genießen, ein eigenes juristisches System aufbauen und das Justizsystem des iranischen Regimes ablehnen. Es sollte ein demokratisches Justizsystem entwickelt werden, das mit der gesellschaftlichen Ethik und ihren Werten übereinstimmt.

5- Alle Kunstschaffenden, Sportler:innen, Lehrer:innen, Arbeiter:innen, Mediziner:innen und Ökologieaktivist:innen, die seit Jahren für Demokratie und Freiheit kämpfen, sollten in diesem revolutionären Prozess Komitees bilden. Die Frauen, die in diesen Bereichen führend sind, sollten parallel dazu ihre eigenen Komitees bilden.

6- Die Universitäten führen den Aufstand der Freiheit jeden Tag und überall an und stellen demokratische Forderungen. Lehrende, Studierende, Intellektuelle und Akademiker:innen sollten Komitees für die Entwicklung einer freien und demokratischen Bildung gründen. Es muss ein alternatives Bildungssystem entwickelt werden. Alle Häuser, Straßen und Stadtteile sollten zu Akademien werden.

7- Alle Frauen in Rojhilat und Iran sollten überall Kommunen und Einheiten gründen, um ihre eigene Zukunft zu organisieren und ihre Freiheit zu sichern.

8- Die Familie spielt eine elementare Rolle beim Schutz und der Entwicklung der Revolution. In diesem Prozess kommt jeder Familie eine wichtige Rolle bei der Stärkung der Komitees zu. Um freie und neue Menschen zu entwickeln, ist es notwendig, den Kampf mit dem demokratischen Familienprinzip zu stärken.

9- Der Staat benutzt Religion, Glauben und Kultur als Mittel, um die Völker zu spalten. Die iranische Bevölkerung sollte dagegen religiöse, weltanschauliche und kulturelle Komitees bilden und die Befindlichkeiten der anderen respektieren.

10- Es sollte ein Komitee zur Unterstützung der revolutionären Gemeinschaft gebildet werden. Aufgrund des herrschenden Systems, aber auch aufgrund des Aufstandes und der Proteste auf den Plätzen, haben viele revolutionäre Menschen und Familien große wirtschaftliche Schwierigkeiten. Alle, deren Herz für die Revolution schlägt, müssen sich unter der Führung von Frauen und der Jugend organisieren, um die lebensnotwendigen Bedürfnisse mit Hilfe von originären Wirtschaftsinstitutionen und Unternehmen zu befriedigen.“