Sieben Selbstmorde von Frauen in Mêrdîn

In den letzten sechs Wochen haben sieben Frauen in Mêrdîn Selbstmord begangen. Frauenorganisationen stufen diese Suizide als ein politisches Problem ein, das mit der Umsetzung der Istanbul-Konvention gelöst werden kann.

Während in der Türkei weiter über den Ausstieg aus der Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen diskutiert wird, werden täglich weitere Feminizide bekannt. Die Plattform „Kadın Cinayetlerini Durduracağız” (KCDP, dt.: Wir werden Frauenmorde stoppen) hat am Wochenende ihren Bericht für Juli vorgestellt. Darin dokumentiert die Organisation insgesamt 36 Morde an Frauen in der Türkei, die binnen eines Monats begangen wurden. Elf weitere Frauen wurden auf verdächtige Weise tot aufgefunden. Eine der Regionen, in denen sich verdächtige Todesfälle ereignet haben, ist die nordkurdische Provinz Mêrdîn (türk. Mardin). In den vergangenen anderthalb Monaten haben sieben Frauen Selbstmord begangen.

Frauenorganisationen und Politikerinnen in Mêrdîn stufen diese Selbstmorde als ein politisches Problem ein. Sie sind der Meinung, dass sie mit der Umsetzung der Istanbul-Konvention hätten verhindert werden können.

Eylem Amak ist Mitglied der Frauenplattform Şahmeran. Sie verweist darauf, dass Frauen in den „Freitod“ getrieben werden: „Frauen begehen Selbstmord, weil sie zwangsverheiratet, sexuell missbraucht, bedroht oder erpresst werden. Auch viele verheiratete Frauen sind psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt und sehen Selbstmord als einzig mögliche Rettung. Das muss endlich gestoppt werden. Diese Selbstmorde können verhindert werden, wenn es einen anderen politischen Umgang gibt. Die Istanbul-Konvention muss effektiv umgesetzt werden. Dafür werden wir weiter kämpfen. Wir wollen keine einzige weitere Frau verlieren.“

Selbstmorde sind politisch

Wie die HDP-Lokalpolitikerin Münevver Ülker berichtet, hat zuletzt am Vorabend des Opferfestes eine Frau in Mêrdîn Selbstmord begangen. „Diese Suizide resultieren aus der von männlicher Herrschaft geprägten Denkweise. Frauenmorde finden nicht unabhängig von der Politik statt. Unsere Frauenräte leisten psychologische und juristische Unterstützung. Das werden wir auch weiter tun. Wir kämpfen auch gegen sexuelle Übergriffe und Kindesmissbrauch. Als Frauen müssen wir uns gegenseitig unterstützen und stärken.“

Ülker weist darauf hin, dass die städtischen Fraueneinrichtungen in den unter Zwangsverwaltung gestellten Gemeinden geschlossen worden sind. Die Regierung fürchte die Stärke von Frauen, sagt die HDP-Politikerin: „Die Frauenorganisierung wird jeden Tag stärker. Frauen befinden sich nicht in Trauer, sondern im Aufstand. Wir setzen unseren Kampf fort und sagen immer und überall: Frauen, Leben, Freiheit.“