Derwish: Unsere Verbundenheit gilt dem Weg der Gefallenen

Vor zwei Tagen wurde bei Minbic ein Attentat auf den MMC-Sprecher Shervan Derwish verübt. Der Anschlag zielte offenbar darauf ab, die Region zu destabilisieren. „Wer glaubt, uns auf diese Weise von unserem Weg abzubringen, der irrt”, sagt der 44-Jährige.

Vor zwei Tagen entging MMC-Sprecher Shervan Derwish in Minbic nur knapp einem Anschlag. Ein auf der Straße Richtung Tischrin-Staudamm verlegter Sprengsatz detonierte nicht unter, sondern neben dem Fahrzeug, in dem sich Derwish befand. Sowohl der 44-Jährige als auch seine Mitinsassen blieben unverletzt.

Der Attentatsversuch auf den Sprecher des Militärrats von Minbic ereignete sich in einer Zeit, die sowohl in militärischer wie auch politischer Hinsicht von strategischer Bedeutung ist. Im Norden wurden vor einiger Zeit Schritte zu einer geeinten Nation Kurdistan eingeleitet, es finden von der Kommandantur der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) angestoßene Gespräche für eine innerkurdische Annäherung zwischen den verschiedenen politischen Akteuren statt. Im Osten wurde vergangene Woche eine Offensive gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat” (IS) und aktive Schläferzellen eingeleitet, die erste Phase der Großoperation, an der sich über 6.000 Angehörige der QSD und die internationale Koalition beteiligen, ist bereits abgeschlossen: Ein 175 Kilometer langes und 60 Kilometer breites Areal konnte von IS-Zellen „gesäubert“ werden. Shervan Derwish glaubt deshalb nicht daran, dass sich das Attentat gezielt gegen seine Person richtete. „Der Befreiungskampf der Völker dieser Region wird nicht von Einzelnen getragen. Die gesamte Gesellschaft beteiligt sich an diesem Widerstand, weil sie sich für die Verteidigung ihrer Heimat und die Freiheit und Geschwisterlichkeit der Völker entschieden hat. Daher denke ich, dass sich der Anschlag einreiht in eine Vielzahl von Versuchen, Chaos und Unruhen zu stiften, um die Region zu destabilisieren”, sagte Derwish in einem ANHA-Interview.

Es gehört zur Taktik der Türkei, mit Methoden wie Anschlägen die öffentliche Wahrnehmung der Sicherheitslage in Nord- und Ostsyrien zu manipulieren, um ihre Besatzungspolitik zu untermauern, sobald in der Region sicherheitspolitische Erfolge verzeichnet werden, erklärt Derwish. „Der türkische Staat versucht durch destabilisierende Handlungen die Illusion zu vermitteln, als sei ausschließlich die von ihm kontrollierte Besatzungszone sicher und in den Autonomiegebieten herrsche nichts anderes als Chaos.”

Seit der Befreiung der Stadt Minbic vor vier Jahren komme es immer wieder zu Angriffen der türkischen Armee oder verbündeten Milizen. Auch das versuchte Attentat auf Shervan Derwish ist nicht das erste auf den fünffachen kurdischen Familienvater. Diesmal blieb er unverletzt, aber Anfang Februar 2018 überlebte der MMC-Sprecher einen fast tödlich ausgehenden Anschlag der sogenannten „Kiyam-Bewegung”. Ein Mitglied der Konter-Guerillaorganisation, die aus IS-Söldnern, Angehörigen des türkischen Geheimdienstes MIT und „Schutzschild-Euphrat”-Milizionären besteht, hatte mehrere Schüsse auf Derwish abgegeben. Wenige Wochen zuvor war bereits Ibrahim Halil, Anwalt und Vorstandsmitglied des Zivilrats von Raqqa, Opfer eines tödlichen Attentats der Gruppe geworden.

Video: ANHA

„Das jüngste Attentat bleibt vermutlich nicht das letzte auf mich. Und auch Angriffe zur Destabilisierung der Region werden anhalten. Das ist uns bewusst. Aber wer glaubt, dass uns feige Anschläge von unserem Weg abbringen könnten, den uns unsere gefallenen Freundinnen und Freunde ebneten, um die friedliche Ko-Existenz in unseren Regionen aufrechtzuerhalten, der irrt sich gewaltig. Auch der Bevölkerung ist bewusst, worum es bei diesen Angriffen im Kern geht. Daher unterstützt sie uns. Und solange uns diese Unterstützung gilt, werden wir als Militärrat alles in unserer Macht Stehende tun, um die Sicherheit und Stabilität von Minbic und seiner Bevölkerung zu verteidigen.”