Der Rechtsbeistand mehrerer HDP-Politiker beklagt Schikane und menschenunwürdige Behandlung in einem Gefängnis im Strafvollzugskomplex Sincan nahe der türkischen Hauptstadt Ankara. Betroffen von dem „Willkürregime“ in der Vollzugsanstalt sind Alp Altınörs, Bülent Parmaksız und Ismail Şengül, allesamt ehemalige Mitglieder des Parteirats der HDP und Angeklagte im „Kobanê-Prozess“. Wie ihre Verteidigung am Freitag öffentlich machte, ist die Gemeinschaftszelle der drei Männer an zwei aufeinanderfolgenden Tagen drei Mal vom Personal gestürmt und verwüstet worden. Auf Protest der Gefangenen gegen die Maßnahme habe die Vollzugsleitung mit Drohgebärden reagiert.
Die Zellenrazzien im F-Typ-Gefängnis Nummer 2 von Sincan sollen am Mittwoch und Donnerstag stattgefunden haben, die ersten beiden binnen weniger Stunden. Jedes Mal habe das Personal jeden Winkel der Zelle akribisch durchsucht, gefunden worden sei aber nichts. Nach dem letzten Überfall beschwerten sich die drei Insassen, woraufhin der stellvertretende Direktor der Vollzugsanstalt hinzugerufen wurde. Beispielgebend für die grenzenlose Willkür sei dieser den Politiker Bülent Parmaksız angegangen und habe Drohungen in dessen Richtung gerichtet. „Wenn ich will, lasse ich diese Zelle über euren Köpfen einreißen“, habe es geheißen. Der Rechtsbeistand der Betroffenen will Beschwerde beim Justizministerium einreichen.
Aus dem Strafvollzugskomplex Sincan drangen in letzter Zeit häufig Meldungen über willkürliche Durchsuchungen von Gefangenenzellen und andere Rechtsverletzungen an die Öffentlichkeit. Betroffen sind hauptsächlich Zellen von politischen Gefangenen. Auch in anderen Gefängnissen gehören solche Vorgänge zum Alltag. Allgemein ist die Situation für Insassen, die aus politischen Motiven inhaftiert worden sind, dramatisch. Hinter türkischen Gittern herrschen unmenschliche und entwürdigende Haftbedingungen. Die Bedingungen haben sich insbesondere nach dem vermeintlichen Putschversuch vom 15. Juli 2016 verschlechtert.