Inhaftierte Studierende seit einem Monat in Isolationshaft

Bei beiden inhaftierten Studierenden Şura Başer und Can Kaba befinden sich seit einem Monat in Isolationshaft im Gefängnis von Eskişehir.

Die willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen in der Türkei nehmen kein Ende. Inhaftierungen werden mittlerweile nicht mehr nur mit regierungskritischen Tweets, sondern mit Gesprächen auf der Straße oder Briefen ins Gefängnis begründet. Die beiden Studierenden Şura Başer und Can Kaba sind ein Beispiel dieser Verfolgung.

Başer und Kaba waren am 10. November 2021 bei einer Personalienkontrolle im Gericht von Bakırköy festgenommen worden und zwei Tage nach ihrer Festnahme unter dem Vorwurf der „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Propaganda für eine Terrororganisation“ inhaftiert worden.

Misshandlungen und Vergewaltigungsdrohungen im Polizeigewahrsam

Başer berichtet von Misshandlungen auf der Polizeistation des Gerichts in Bakırköy und auf der Polizeistation von Osmaniye. Sie erstattete Anzeige und erklärte gegenüber der Staatsanwaltschaft dazu: „Am 10. November wurden Can und ich beim Betreten des Gerichts von Bakırköy kontrolliert. Dabei stellte sich heraus, dass unsere Festnahme angeordnet war. Sie sagten, sie hätten nur kurz etwas mit uns zu erledigen. Wir wurden auf die Polizeistation gebracht. Von dem Moment an, als wir die Polizeistation betraten, begannen die Polizisten uns dort als ‚Terroristen‘ zu beschimpfen. Can und mir wurden die Hände mit Handschellen auf dem Rücken gefesselt. Sie drückten mich runter und schlugen meinen Kopf immer wieder auf den Boden, sie packten mich so heftig an den Haaren, dass diese herausgerissen wurden. Sie stießen Can zu Boden, traten ihn und setzten sich auf ihn. Sie schlugen seinen Kopf auf den Boden. Ich wurde von etwa zehn Polizisten geschlagen und getreten, weil ich dagegen protestierte, was sie Can antaten. Sie sagten: ‚Ich würde dich vergewaltigen, aber du bist hässlich.‘ Sie ließen uns vier oder fünf Stunden lang nicht auf die Toilette. Wir wurden dann von der Polizeistation von Osmaniye zur Antiterrorabteilung der Polizei in Eskişehir gebracht. In Eskişehir wurden wir später für ein Protokoll ins Krankenhaus gebracht. Dort verdrehten sie Can mit Gewalt die Arme und beleidigten ihn.“

Ihr werdet unsere Füße küssen“

Can Kaba berichtet in seiner Aussage darüber, wie er mit auf den Rücken gefesselten Händen geschlagen wurde und diese Misshandlungen auf der Polizeistation von Osmaniye weitergingen. Er gibt an: „Sie wollten mich durchsuchen, während meine Hände auf dem Rücken gefesselt waren. Dabei schlugen sie mich Dutzende Male. Sie beleidigten uns, setzten sich auf uns und schlugen uns. Sie sagten Dinge wie ‚Ihr werdet unsere Füße küssen. Wenn wir Faschisten sein sollen, dann sind wir auch welche‘. Bis um 19 Uhr ließen sie uns nicht die Toilette aufsuchen. Gegen 22 Uhr kam eine Einheit aus Eskişehir, um uns zu holen. In der gleichen Nacht, gegen 1.30 Uhr, wurden wir ins Krankenhaus gebracht. Auf dem Rückweg vom Krankenhaus verdrehten mir vier Polizisten die Arme, als ich in ein Fahrzeug steigen wollte. Meine Hände waren gefesselt. Ein Polizist drohte, er werde unsere Mütter töten. Ich erstatte Anzeige gegen die Polizisten in der Polizeistation im Gericht von Bakırköy in Osmaniye und bei der Antiterrorpolizei in Eskişehir.“

Das Verfahren ist ein Beispiel der willkürlichen Repression

Nach zwei Tagen im Polizeigewahrsam wurden Başer und Kaba um 12. November wegen „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ und „Propaganda für eine Terrororganisation“ inhaftiert. In der Anklage heißt es, sie hätten sich mit Beyza Gülmen, der Schwester der per Dekret entlassenen Akademikerin Nuriye Gülmen getroffen, die für die Wiedereinstellung ihrer Schwester protestiert, außerdem hätten sie Briefe an politische Gefangene geschrieben, sie hätten Beiträge in den sozialen Medien zu im Todesfasten gestorbenen politischen Gefangenen veröffentlicht, an Presseerklärungen für kranke Gefangene teilgenommen und mehrfach die Stadt gewechselt. Auch die Aussage eines Kronzeugen, dass es sich bei ihnen um Sympathisanten, aber keine Mitglieder handele, wurde als Begründung für die angebliche „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ herangezogen. Da der 2. Schwurgerichtshof von Eskişehir entschied, für ihren Fall nicht zuständig zu sein, wurde das Verfahren nach Istanbul verlegt.

Ihr Leben wird gestohlen“

Burak Başer, der Bruder der im L-Typ-Gefängnis von Eskişehir inhaftierten Şura Başer, weist darauf hin, dass seine große Schwester und Kaba seit einem Monat in Isolationshaft gehalten werden. Normalerweise sollen Gefangene nach ihrer Inhaftierung nur 20 Tage in Einzelhaft bleiben. Zunächst sei nun aber die Pandemie als Grund für die Verlängerung der Isolation angeführt worden und anschließend, dass es keine Plätze gebe. Er berichtet, dass seine Schwester immer wieder dagegen protestiere und aufgrund erniedrigender Durchsuchungen nicht einmal die Krankenstation aufsuchen könne. Auch Briefe werden beschlagnahmt. Başer sagt, dass Kabas Situation noch schlechter sei: „In seiner ersten Zelle im H-Typ-Gefängnis von Eskişehir gab es nicht einmal Fensterscheiben. Er verbrachte einige Tage in der Kälte. Schließlich wurden Scheiben eingebaut. Die Toilette hatte keine Tür. 15 Tage lang wurde ihm der Hofgang verweigert. Seine Briefe werden ihm nicht ausgehändigt und die Briefe, die er schreibt, werden beschlagnahmt.“

Başer sagte, seiner Schwester und Kaba würde regelrecht das Leben gestohlen. Der Bruder ruft auf, diesem Unrecht gegenüber sensibel zu sein.