Bericht deckt Missstände im Gefängnis Bolu auf

Ein aktueller Bericht der DEM-Abgeordneten Newroz Uysal Aslan zeigt schwere Menschenrechtsverletzungen im Hochsicherheitsgefängnis Bolu und ruft das Parlament zum Handeln auf.

Systematische Rechtsverletzungen im türkischen Knast

Die DEM-Abgeordnete Newroz Uysal Aslan hat einen umfassenden Bericht zu schweren und systematischen Menschenrechtsverletzungen im Hochsicherheitsgefängnis Bolu veröffentlicht. Der Bericht dokumentiert zahlreiche Eingriffe in grundlegende Rechte politischer Gefangener in dem F-Typ-Gefängnis im Nordwesten der Türkei – von medizinischer Versorgung bis zur Meinungsfreiheit – und ruft das Parlament zum sofortigen Handeln auf.

Der Report basiert auf Beobachtungen und Rückmeldungen aus den letzten drei Wochen und enthält laut Aslan „alarmierende“ Hinweise auf strukturelle Missstände im Strafvollzug. Die Abgeordnete fordert die sofortige Beendigung dieser Praktiken und eine unabhängige Untersuchung durch den Menschenrechtsausschuss der Großen Nationalversammlung.

Eingeschränkter Zugang zu medizinischer Behandlung

Besonders schwer wiegt laut Bericht die Situation kranker Inhaftierter: Diese würden entweder gar nicht erst zur Behandlung in externe Krankenhäuser verlegt oder müssten sich bei Arztbesuchen derart erniedrigenden Bedingungen wie Fesselung oder Bewachung durch die Gendarmerie unterziehen, dass viele auf eine Behandlung verzichten. Für schwerkranke Gefangene könne dies lebensbedrohliche Folgen haben.

Einschränkungen der kurdischen Sprache

Ein weiterer zentraler Kritikpunkt ist der Umgang mit kurdischen Gefangenen. Deren Briefe in ihrer Muttersprache würden nicht weitergeleitet – mit der Begründung, sie seien für das Gefängnispersonal „unverständlich“. Der Bericht dokumentiert, dass die Verwaltung Übersetzungen auf Kosten der Gefangenen verlangt, was als klarer Eingriff in das Recht auf muttersprachliche Kommunikation und als Teil einer repressiven Assimilationspolitik gewertet wird.

Zensur von Büchern, Zeitungen und persönlicher Aufzeichnungen

Gefangenen sei der Besitz auf drei Bücher beschränkt, kritische Publikationen wie die Zeitungen „Özgür Politika“ und „Ronahî“ oder das Magazin „Demokratik Modernite“ würden regelmäßig konfisziert. Auch persönliche Notizbücher oder Kalender würden einbehalten – laut Uysal Aslan ein direkter Angriff auf Meinungs- und Informationsfreiheit innerhalb des Strafvollzugs.

Eingriffe in das Recht auf Verteidigung

Besonders besorgniserregend sei laut Bericht die Praxis, dass Gefangene Briefe an Anwält:innen oder Mitglieder des Parlaments mit dem Verweis auf vage Begriffe wie „öffentliches Aufsehen“ nicht versenden dürften. Diese Praxis behindere nicht nur die individuelle Verteidigung, sondern auch das Recht der Öffentlichkeit auf Information.

„Gute Führung“ als Druckmittel bei Entlassungen

Die sogenannte „gute Führung“, die Voraussetzung für vorzeitige Entlassungen ist, werde nach dem Bericht zunehmend als willkürliches Druckmittel eingesetzt. Politische Einstellungen oder soziale Kontakte innerhalb der Haft würden als Argument genutzt, um Haftverkürzungen zu verweigern. Disziplinarkommissionen nähmen sich so faktisch richterliche Befugnisse, während Rechtsmittel gegen ihre Entscheidungen regelmäßig pauschal abgewiesen würden.

Parlamentarischer Appell

Die Abgeordnete Uysal Aslan ruft das Parlament und insbesondere den Menschenrechtsausschuss zum sofortigen Handeln auf. Sie fordert uneingeschränkten Zugang zur medizinischen Versorgung für kranke Inhaftierte, das Ende jeglicher Diskriminierung der kurdischen Sprache, die Aufhebung der Zensur von Publikationen und persönlicher Korrespondenz, und die rechtsstaatliche Kontrolle der Disziplinar- und Entlassungsverfahren. „Wir fordern eine Vollzugspraxis, die der Menschenwürde entspricht. Gerechtigkeit darf sich nicht in Rache erschöpfen – sie muss auf Heilung und Wiedergutmachung basieren. Das F-Typ-Gefängnis in Bolu ist nur ein Beispiel. Aber der Kampf für Gerechtigkeit wird weitergehen und erst enden, bis sich die Verhältnisse ändern“, so die Politikerin.