Beratungen am Dienstag im Parlament
Die Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) zeigt sich offen für die geplante Einrichtung einer Parlamentskommission zur Förderung gesellschaftlicher Versöhnung und zur Lösung der kurdischen Frage. Die Ko-Fraktionsvorsitzende Gülistan Kılıç Koçyiğit erklärte am Montag in Ankara, man begrüße ausdrücklich die Einladung zur parteiübergreifenden Zusammenarbeit und erwarte konkrete Schritte noch vor der parlamentarischen Sommerpause.
Die Initiative, eine Kommission für gesellschaftlichen Frieden und Demokratisierung einzurichten, gehe laut Koçyiğit auf Gespräche mit Parlamentspräsident Numan Kurtulmuş zurück, der alle Fraktionsvorsitzenden zu einem Treffen eingeladen habe. Die Beratungen sollen am Dienstagabend im Parlament stattfınden. „Wir haben einen Vorschlag vorbereitet, der zu einer breiten Einigung beitragen soll. Wichtig ist uns, dass diese Kommission nicht nur auf dem Papier existiert, sondern mit breiter gesellschaftlicher und politischer Beteiligung wirksam arbeitet“, sagte Koçyiğit.
Demokratische Öffnung statt technokratischer Symbolik
Die DEM-Politikerin betonte, die Kommission müsse dauerhaft eingerichtet werden und auf einen echten Demokratisierungsprozess hinarbeiten – nicht nur einen Bericht verfassen. Es gehe um eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den Ursachen des Konflikts und realistische Vorschläge für eine politische Lösung.
„Dies darf keine rein technische Kommission sein. Es muss eine Struktur entstehen, die in Kontakt mit allen Teilen der Gesellschaft tritt, Empfehlungen erarbeitet und das Parlament in seiner historischen Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit unterstützt“, so Koçyiğit weiter. Zugleich verwies sie auf die Bedeutung des von Abdullah Öcalan am 27. Februar unterbreiteten „Aufrufs für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“, der als konzeptionelle Grundlage für den Kommissionsprozess ernst genommen werden müsse.
Kritik an systematischen Rechtsverletzungen in Gefängnissen
Mit Blick auf die aktuelle Menschenrechtslage übte Koçyiğit scharfe Kritik an den Zuständen in türkischen Gefängnissen. Die wiederholten Rechtsverletzungen gegen politische Gefangene, insbesondere schwerkranke Inhaftierte, stünden im klaren Widerspruch zu dem angestrebten Prozess der Versöhnung. Das System der „Strafverlängerung“ durch Verwaltungsgremien wie die Aufsichts- und Beobachtungskommissionen bezeichnete sie als „politisch motivierte Sabotage am Rechtsstaat“.
„Wir erleben eine Praxis, in der Menschen auch nach Verbüßung ihrer Strafen mit der absurden Begründung nicht freigelassen werden, sie hätten ihre Meinung nicht geändert. Das ist nichts anderes als ein politischer Racheakt“, sagte sie.
„Das ist der Frieden von uns allen“
Abschließend betonte Koçyiğit, eine friedliche Lösung der kurdischen Frage liege im Interesse der gesamten Gesellschaft. Ein inklusiver Friedensprozess könne nur dann gelingen, wenn alle politischen Akteure Verantwortung übernähmen und das Parlament sich seiner Rolle als Ort demokratischer Konfliktlösung besinne. „Dies ist nicht nur der Frieden der Kurd:innen, sondern der Frieden von uns allen. Deshalb müssen wir ihn gemeinsam schützen und gestalten“, so die Abgeordnete.