„Der Staat wird weiter Mörder wie Mehmet Ağar ernähren“

Die Istanbuler Samstagsmütter fordern Konsequenzen aus den Enthüllungen des türkischen Mafiapaten Sedat Peker. Thema ihrer heutigen Aktion gegen das „Verschwindenlassen“ waren die Morde an kurdischen Geschäftsmännern in den neunziger Jahren.

Die Istanbuler Samstagsmütter haben bei ihrer heutigen Aktion gegen das „Verschwindenlassen“ in staatlichem Gewahrsam darauf hingewiesen, dass aufgrund des Ausbleibens juristischer und gesellschaftlicher Reaktionen auf die Enthüllungen von Mafiaboss Sedat Peker der Zerfall staatlicher Institutionen und gesellschaftlicher Werte zunimmt. „Wie viele Jahre auch vergehen mögen, wir werden nicht damit aufhören, Gerechtigkeit für Savaş Buldan, Adnan Yıldırım und Hacı Karay zu fordern“, erklärte die Initiative auf ihrer Online-Versammlung, die den Mord an den drei kurdischen Geschäftsmännern vor 33 Jahren zum Thema hatte.

Der türkische Mafiapate Sedat Peker hatte in einem im Mai veröffentlichten Video den ehemaligen Polizeichef und Innenminister Mehmet Ağar für ungeklärte Morde an kurdischen Geschäftsmännern in den neunziger Jahren verantwortlich gemacht. Namentlich benannte Peker unter anderem Behçet Cantürk und Savaş Buldan. Letzterer war Ehemann der heutigen HDP-Vorsitzenden Pervin Buldan und wurde am 3. Juni 1994 zusammen mit seinen Freunden Adnan Yıldırım und Hacı Karay beim Verlassen eines Hotels in Istanbul von Personen in Polizeiuniform verschleppt. Einen Tag später tauchten die Leichen der drei Männer in der 270 Kilometer entfernten Stadt Bolu auf. Buldan und seine Freunde waren gefoltert und mit Kugeln in den Kopf und die Brust erschossen worden.

An der Online-Veranstaltung der Samstagsmütter nahmen Pervin Buldan und Leyla Yıldırım, die Tochter von Adnan Yıldırım teil. Buldan erinnerte daran, dass es sich bei den ermordeten Geschäftsmännern nur um wenige der in den 1990er Jahren verschleppten und gefolterten Menschen handele. Dass die Mörder von Tausenden Menschen nicht verurteilt würden, zeige den Zustand der Justiz im Land auf. Leyla Yıldırım wies darauf hin, dass der Mord an ihrem Vater im Wissen des Staates begangen wurde: „Es waren politische Morde. Sie wurden jedoch als kriminelle Tat behandelt und die Mörder wurden freigesprochen. Der Freispruch von Mehmet Ağar war sein Rückfahrschein. Selbstverständlich wird der Staat nicht sagen, dass er dafür verantwortlich ist. Er wird weiterhin Mörder wie Mehmet Ağar ernähren.“