Systematische Rechtsverstösse und Schikane
Die Istanbuler Niederlassung der Vereinigung freiheitlicher Jurist:innen (ÖHD) hat in einer Pressekonferenz die Ergebnisse ihres Berichts für den Zeitraum von Januar bis Juni 2025 veröffentlicht. Der Bericht dokumentiert systematische Menschenrechtsverletzungen in Gefängnissen der Marmara-Region, darunter verlängerte Einzelhaft, Leibesvisitationen, die Verweigerung des Rechts auf medizinische Versorgung, willkürliche Disziplinarstrafen und politisch motivierte Entlassungsbehinderungen.
Entlassungen willkürlich verweigert
Die jeweiligen Gefängnisverwaltungen haben demnach die bedingte Entlassung von 93 Häftlingen mit willkürlichen Begründungen wie „mangelnder Reue“ und „nicht erfolgter Trennung von der Organisation“ - gemeint ist meist die PKK - verweigert. Die Vereinigung stellte fest, dass diese Praktiken insbesondere in den Gefängnissen Bolu, Tekirdağ und Bakırköy systematisch angewendet werden.
Haftunfähige Gefangene nicht entlassen
Der Bericht hob außerdem hervor, dass sich derzeit 47 schwerkranke Häftlinge in der Region befinden. Obwohl gerichtsmedizinische Gutachten sie als haftunfähig auswiesen, wurden mehrere Gefangene nicht freigelassen. Als Beispiele wurden ein 85-jähriger Häftling und ein Gefangener, dem beide Arme amputiert wurden, genannt.
Leibesvisitationen, Untersuchungen in Handschellen und Publikationsverbote
Weiterhin sind die Durchführung von Leibesvisitationen und medizinischen Untersuchungen in Handschellen in den Gefängnissen Çorlu und Gebze in dem Bericht dokumentiert.
Auch konnte festgestellt werden, dass kurdischsprachige und oppositionelle Publikationen zurückgehalten, soziale Rechte eingeschränkt und die Kommunikation behindert wurden.
Aufruf von Abdullah Öcalan
Im letzten Abschnitt des Berichts verwies die ÖHD auf Abdullah Öcalans „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ vom 27. Februar 2025 und betonte, dass die Aufhebung der Isolation im Imrali-Gefängnis für die Verwirklichung des sozialen Friedens von entscheidender Bedeutung sei. Die dringende Notwendigkeit umfassender, menschenrechtsbasierter Reformen sowohl im Gefängnissystem als auch in den staatlichen Institutionen wurde abschließend unterstrichen.