Angewandtes Feindstrafrecht in der Türkei
Hatice Yildiz ist in ihrer Wohnung im Istanbuler Stadtbezirk Esenyurt festgenommen und auf einer Tragbahre ins Gefängnis transportiert worden. Die 75-Jährige war vor der 14. Kammer des Strafgerichts Istanbul zu vier Jahren und zwei Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil sie ihrer inhaftierten Tochter und deren Zellennachbarinnen Geld geschickt hat. Das Gericht bewertete den offiziell abgewickelten Geldtransfer als Finanzierung einer Terrororganisation. Das nach einem drei Jahre andauernden Prozess gefällte Urteil wurde im Revisionsverfahren bestätigt und damit rechtskräftig.
Als die Polizei am Freitag die Festnahme vollzog, erlitt Hatice Yildiz einen Schwächeanfall und wurde auf einer Bahre aus der Wohnung geholt und mit einem Krankenwagen zunächst in eine Klinik gebracht, um sie anschließend der Justiz vorzuführen und im Frauengefängnis Bakirköy zu inhaftieren.
Yildiz leidet unter erhöhten Blutdruck, einem Bandscheibenvorfall und diversen weiteren Erkrankungen. Ihr Sohn Alper Yildiz bezeichnete den Vorgang als angewandtes Feindstrafrecht und erklärte, dass Geldtransfers an Gefangene gesetzlich nicht verboten sind. Die Familie will den Fall vor das Verfassungsgericht bringen.