PKK/PAJK-Gefangene: „Erhebt euch gegen den Faschismus”

Die inhaftierten PKK/PAJK-Gefangenen rufen die kurdische Gesellschaft und alle als Staatsfeinde geächtete Gruppen zum kollektiven Widerstand gegen die türkische Regierung auf: „Strömt auf die Straße, vor der sich der Faschismus am meisten fürchtet.”

Die in der Türkei inhaftierten politischen Gefangenen aus PAJK- und PKK-Verfahren haben zum Widerstand gegen die Eskalationsstrategie der türkischen Regierung aufgerufen. Während die „faschistische AKP/MHP-Koalition” mit dem Ziel des Machterhalts Rachegesetze nach dem Vorbild des Feindstrafrechts gegen die kurdische Bevölkerung und andere als „Staatsfeinde“ geächtete Gruppen anwende und menschliche Werte mit Füßen trete, halte sich die sogenannte westliche Wertegemeinschaft vornehm zurück - „wie immer, wenn es um Kurdinnen und Kurden und Oppositionelle geht.“ Daher sei es an der Zeit, dass sich alle Marginalisierten kollektiv zum Kampf gegen den Faschismus erheben und die Straßen fluten. „Was wir jetzt brauchen, ist Mut statt Angst, Kampf statt Pazifismus, Widerstand statt Kapitulation und Freiheit statt Sklaverei. Strömt auf die Straßen und Plätze. Denn das sind die Orte, vor denen sich der Faschismus am meisten fürchtet“, heißt es in einer Stellungnahme der Gefängniskomitees der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und der Partei der freien Frau in Kurdistan (PAJK).

Eskalationsstrategie aus Frust über Machtverlust

Es ist kein Zufall, dass es Vertreter von Ideologien mit dem Anspruch, auch Nationalstaaten würden moralisch handeln, sind, die trotz der mörderischen Eskalationsstrategie des türkischen Staates gegen alle Kreise, die nicht der neoliberal-islamischen Synthese entsprechen, im Schulterschluss mit der Regierungskoalition aus AKP und MHP sind, führen die Gefangenenkomitees in der gemeinsamen Erklärung weiter aus. „Kurdinnen und Kurden, Frauen, revolutionär-demokratische und sozialistische Menschen, Oppositionelle, Medienschaffende, gewissenhafte Akademiker*innen, alevitische, armenische und andere Gemeinschaften, die nicht Teil des reaktionär-nationalistischen und patriarchalischen Türkentums sind; sie alle gelten als Staatsfeinde, deren fundamentalen Rechte vorenthalten werden. In der unmenschlichen und brutalen Gewalt gegen sie entlädt sich der Frust des AKP/MHP-Regimes über den Verlust der Macht. Es hat sich ein staatlicher Vernichtungsfeldzug und Massenmord entfaltet, der sich gegen die gesamte Opposition richtet und sich in Verhaftungswellen, extralegalen Exekutionen, Partei- und Betätigungsverboten, Amtsenthebungen und Mandatsentzügen äußert“, heißt es weiter.

Förderung des Femizid als kollektive Bestrafung

Nicht erst seit gestern sei die Türkei zu einem Land verkommen, in dem die Menschenrechte nicht mehr geachtet werden und das autokratisch regiert wird. Doch seit die AKP an der Macht ist, gehöre das Feindstrafrecht zum Alltag. Durch die Aufhebung der Gewaltenteilung würden den faktisch rechtlos gestellten und staatlich geächteten „Feinden” drakonische Bestrafungen auferlegt. Dazu gehörten neben der Förderung des Femizids und Straffreiheit für Vergewaltiger von Frauen und Kindern trotz täglicher Frauenmorde auch Verbrechen wie das „Versenden von menschlichen Gebeinen in Kisten an trauernde Mütter, Angriffe auf Guerillafriedhöfe und Ruhestätten von Gefallenen, Verhaftungen von 70 bis 80 Jahre alten Senioren, nur weil sie den Koran in kurdischer Sprache rezitiert haben, die Okkupierung der Rathäuser in kurdischen Städten und Installierung von Zwangsverwaltern, die mit öffentlichen Geldern in die eigene Tasche wirtschaften und die Bevölkerung verarmen lassen, die Verhaftungen von demokratisch gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern und die damit einhergehende Usurpation des politischen Willens des Volkes, die Repression gegen die freie Presse, die mundtot gemacht werden soll, und Waldbrände in den Bergen Kurdistans als ökologischer Vernichtungsfeldzug. All diese Bestrafungen dienen der Rache.“

Corona-Pandemie ein Machtinstrument in Gefängnissen

In den Gefängnissen der Türkei, die als rechtsfreie Räume gelten, in denen das Feindstrafrecht gleichermaßen exekutiert wird, finde bereits ein „historischer Widerstand“ gegen die Faschismus der AKP/MHP statt, an dem sich tausende politische Gefangene beteiligen. Wie die PKK/PAJK-Komitees mitteilen, sei in den Vollzugsanstalten ein Ausnahmezustand unter einer Art Kriegsrecht in Kraft, der jegliche Formen von Repression und Unterdrückung zulasse. Die Corona-Pandemie werde dort als Machtinstrument genutzt: „Der türkische Faschismus nutzt die Krise als Chance, die politischen Gefangenen zu schwächen. Während die gesamte Welt die Beschränkung sozialer Kontakte und Hygieneregeln als wirksamste Waffe gegen die Pandemie einsetzen, missachtet das Regime alle Regelungen und Verpflichtungen gegen das Virus. Statt einer effektiven Bekämpfung gegen die Ausbreitung in den Gefängnissen werden jeden Tag unzähligen weiteren Menschen Handschellen angelegt. Die ohnehin überfüllten Haftanstalten platzen aus allen Nähten, in Dreierzellen werden teilweise dutzende Gefangene gesperrt. Hinzu kommt, dass Grundbedürfnisse wie Wasser und Hygieneartikel wie Seife noch nicht mal gegen Geld erhältlich sind. Mit Maßnahmen wie diesen wird dem Virus die Tür geöffnet.“

In der Erklärung wird zudem hervorgehoben, dass mit nahezu täglichen politischen Vernichtungsfeldzügen diejenigen handlungsunfähig gemacht werden sollen, mit denen der Staat „draußen“ nicht fertig wird. Die Konsequenz sei, dass tausende Gefangene in Zeiten von Corona dem sicheren Tod überlassen werden.

„Zieht auf die Straßen, erhebt euch, vergrößert den Widerstand“

Von der Vernichtungsabsicht treu nach der Devise des Putschgenerals Kenan Evren, „Sollen wir sie durchfüttern, statt zu hängen“, seien insbesondere die kranken Gefangenen betroffen. Die PKK/PAJK-Gefangenen weisen darauf hin, dass in den Vollzugsanstalten dutzende kranke Gefangene in den letzten Monaten gestorben sind. Unter ihnen befanden sich auch Ali Boçnak, Takiyettin Özkahraman und Sinan Gencer. „Es ist daher unser aller Pflicht, den würdevollen Widerstand der Gefangenen des kurdischen Volkes, die sich von jung bis alt der Kapitulation verweigern und ihren Willen verteidigen, zu stärken, und das Andenken derer, die aus dem Leben gerissen wurden, zu bewahren. In diesem Sinne richten wir unser Wort an alle patriotischen, demokratischen, intellektuellen, sozialistischen Menschen, die gewissenhaft und moralisch handeln: Zieht auf die Straßen, erhebt euch, vergrößert den Widerstand. Vergessen wir nicht, dass der AKP/MHP-Faschismus, der rücksichtslos die Werte unseres Volkes angreift, nur durch die Kämpfe der Völker und Frauen als Verlierer in die dunkle Seite der Geschichte eingehen wird. Genauso wie seine blutsaugenden Vorgänger es bereits taten.“