Ayşegül Doğan: Die Gesellschaft braucht praktische Beweise

Um der Gesellschaft Vertrauenswürdigkeit zu vermitteln, muss die Politik im aktuellen Prozess sichtbare Taten auf ihre Worte folgen lassen. DEM-Sprecherin Ayşegül Doğan sagt, dass es zwar keine Krise gibt, dies aber für die Menschen unsichtbar sei.

Sichtbare Taten, statt guter Worte

Im aktuellen Prozess, im Nachgang von Abdullah Öcalans „Aufruf für Frieden und eine demokratische Gesellschaft“ vom 27. Februar, der Entscheidung der PKK, sich aufzulösen und zu entwaffnen, sowie der anschließenden Gespräche, bleiben für viele Menschen – innerhalb und außerhalb der Türkei – sichtbare und konkrete Schritte aus. Zunehmend macht sich der Eindruck breit, der Prozess sei bereits nach wenigen Monaten zum Erliegen gekommen oder zumindest ins Stocken geraten.

Diesem Eindruck widerspricht Ayşegül Doğan, Sprecherin der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM), am Donnerstag in einer Pressekonferenz in der Parteizentrale in Ankara. Sie stellte unmissverständlich klar: „Es gibt keinen Stillstand und keine Krise.“

Intern laufe der Prozess normal, doch fehlende Sichtbarkeit der Ergebnisse führe zu diesem Eindruck. Gleichzeitig forderte sie Numan Kurtulmuş auf, die Initiative zu ergreifen, um eine Kommission im Parlament einzurichten, und räumte ein: „Es reicht nicht aus, neue Dinge zu sagen. Neue Dinge müssen auch getan werden.“


„Die aktuelle Situation zeigt, dass der Prozess aus Sicht der beteiligten Parteien in seinem eigenen Tempo voranschreitet. Es gibt keine Blockade oder Krise. Die Stagnation erweckt durch die Tatsache, dass die praktischen Indikatoren für die Öffentlichkeit nicht sichtbar sind, den Eindruck, als ob es eine Blockade oder Krise gäbe“, erklärte die DEM-Politikerin.

DEM-Partei besorgt über Entwicklungen im Nahen Osten

Folgend ordnete sie die aktuellen Probleme in der Türkei in die Situation der gesamten Region des Nahen Ostens ein: „Eines der Themen, das unsere Aufmerksamkeit auf sich zieht, unsere Besorgnis verstärkt und sowohl von unserer Seite als auch von Herrn Öcalan häufig hervorgehoben wird, sind die Entwicklungen im Nahen Osten.

Weder die kurdische Frage noch die Frage der Demokratie in der Türkei können unabhängig von den Problemen im Nahen Osten behandelt werden. Wir sprechen hier von einer regionalen Frage; regionale Probleme können durch regionale Entwicklungen beeinflusst werden.“

Doğan verweist in diesem Zusammenhang auf die konsistente Herangehensweise der DEM-Partei, die bezüglich der Probleme in der Türkei dieselbe sei, wie bezüglich des gesamten Nahen Ostens: Dialog und politische Verhandlung. „Wir lehnen jede Form von regionalem Expansionismus, sicherheitsorientierter Politik und hegemonialen Ansätzen ab. In diesem Umfeld ist es sehr schwierig vorherzusagen, wohin die Konflikte führen werden. Die demokratische politische Arena muss rasch gestärkt und demokratische Entwicklungen müssen beschleunigt werden“, unterstreicht die DEM-Sprecherin.

Politischer Dialog ist der Schlüssel zu Frieden

Einen breiten und demokratischen Dialog hält die Partei für den Schlüssel zur Lösung und zum Ende des Krieges. Man dürfe das Handeln einzelner Länder im Nahen Osten nicht unabhängig von der Region verstehen, sondern müsse einen Gesamtblick für die Veränderungen entwickeln und davon ausgehend, unter der Prämisse des Wunsches nach Frieden, geeignete Wege und Methoden entwickeln. Die „historische Chance“ hierfür sei in diesem Moment gegeben.

Bezüglich der Türkei bedeute dies auch, der Gesellschaft glaubhaft sichtbar zu machen, „dass sich der demokratische Raum erweitert und die Demokratisierung voranschreitet. Die Gesellschaft muss auch sehen, dass Schritte zum Wohle aller unternommen werden“. Doğan sieht die Politik in der Pflicht, Entwicklungen zu erstreiten und der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Dies bedeute auch, konkrete Schritte zu gehen: „Der Parlamentspräsident sollte die Initiative ergreifen und Ko-Vorsitzende, Vorsitzende oder relevante Parteifunktionär:innen zu Gesprächen über die Verfahren und Grundsätze der Kommission zusammenbringen.“

Auf Worte müssen Taten folgen

Die DEM-Partei habe in diesem Zusammenhang ihre gesamten Empfehlungen zu den Arbeitsmethoden und Grundsätzen vorgelegt: „Unser Entwurf zu diesem Thema ist fertig.“ Nun gelte es, dass Kurtulmuş die verlaufenden Prozesse auch der Öffentlichkeit mitteilt: „Wir begrüßen die konstruktive Haltung von Herrn Kurtulmuş gegenüber der Kommission. Wie wir bereits gesagt haben, müssen wir über Worte hinausgehen. Ja, wir brauchen wohlmeinende Aussagen und müssen positive Dinge hören. Es reicht jedoch nicht aus, neue Dinge zu sagen. Es müssen auch neue Dinge getan werden, denn die Gesellschaft braucht praktische Beweise, um die Rhetorik zu untermauern.“