Juristische Delegation im türkischen Parlament
Die Vorsitzenden der Anwaltskammern aus 16 kurdischen Provinzen haben am Dienstag die Fraktion der Partei der Völker für Gleichheit und Demokratie (DEM) im türkischen Parlament in Ankara besucht. Ziel des Treffens war der Austausch über die aktuelle Diskussion um eine neue Verfassung sowie rechtliche und institutionelle Wege zur Lösung der kurdischen Frage.
Empfangen wurden die Kammerpräsident:innen vom Ko-Vorsitzenden der DEM-Partei, Tuncer Bakırhan, den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Gülistan Kılıç Koçyiğit und Sezai Temelli sowie mehreren Abgeordneten und Öztürk Türkdoğan, ebenfalls Vizevorsitzender der DEM und verantwortlich für den Bereich Recht und Menschenrechte.
Fokus auf rechtliche Perspektiven im Lösungsprozess
Im Gespräch wurden insbesondere Fragen der legislativen Machbarkeit, die Rolle des Parlaments sowie die Position der DEM-Partei zu möglichen verfassungsrechtlichen Reformen erörtert. Die Kammervertreter:innen überreichten der Parteiführung dazu umfangreiche Dossiers mit juristischen, gesellschaftlichen und verfassungsrechtlichen Ausarbeitungen.

Tuncer Bakırhan bezeichnete den Besuch als „wichtigen und konstruktiven Beitrag“ zur politischen Debatte: „Der Prozess, in dem wir uns befinden, ist eng mit regionalen und internationalen Entwicklungen verknüpft. Es geht um die Möglichkeit, die kurdische Frage, die sich seit Jahrzehnten immer wieder auf dieselbe Weise stellt, durch Dialog, Verhandlung und Demokratie zu lösen.“
Der Politiker betonte, dass sich die Bevölkerung, insbesondere in den betroffenen Regionen, eine friedliche Lösung wünsche und bereit sei, diesen Weg aktiv zu unterstützen. „Wir müssen eine Haltung etablieren, die den Kurd:innen als gleichberechtigte Partner anerkennt. Wenn dieser Dialogprozess gelingt, wird das nicht nur zur Demokratisierung der Türkei beitragen, sondern auch die Region insgesamt stabilisieren“, so Bakırhan.
Kammern fordern breiten gesellschaftlichen Diskurs
Die an dem Besuch beteiligten Spitzen der Anwaltskammern erklärten, dass sie die Bemühungen um eine neue demokratische Verfassung aktiv begleiten und juristisch fundierte Vorschläge einbringen wollen. Sie äußerten zudem ihre Sorge über den aktuellen Zustand des Rechtsstaats und forderten transparente, pluralistische Strukturen in der Gesetzgebung.
DEM-Vorsitzender Bakırhan rief im Rahmen des Treffens weitere Berufsverbände, Kammern und zivilgesellschaftliche Organisationen dazu auf, sich mit ähnlicher inhaltlicher Tiefe in die Debatte einzubringen. „Solche Initiativen zeigen, dass die Gesellschaft selbst bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Diesen Willen sollten alle politischen Akteur:innen ernst nehmen und in ihre Entscheidungsprozesse einbeziehen“, sagte er.
Teilnehmende Kammerspitzen
An dem Treffen im Parlament nahmen die Vorsitzenden der folgenden Anwaltskammern teil: Bilal Doğan (Semsû, tr. Adıyaman), Serdar Günakın (Agirî/Ağrı), Abdulhamit Çakan (Êlih/Batman), Yusuf Ketenalp (Çewlîg/Bingöl), Gülhan Bayram Sekmen (Bedlîs/Bitlis), Doğukan Kudat (Dersim/Tunceli), Abdülkadir Güleç (Amed/Diyarbakır), Ergün Canan (Colemêrg/Hakkari), Ahmet Tutulmaz (Reşqelas/Iğdır), Nejat Yağcı (Qers/Kars), Kadir Karaçelik (Mûş/Muş), Muhammed Alptekin (Sêrt/Siirt), Abdullah Öncel (Riha/Urfa), Ahmet Duyan (Mêrdîn/Mardin), Abdullah Fındık (Şirnex/Şırnak) und Sinan Özaraz (Wan/Van).