Die Partei der demokratischen Regionen (DBP) hat in der Abschlusserklärung ihres Parteirats, der am Wochenende in Amed (tr. Diyarbakır) getagt hat und mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Gruppen zusammenkam, zu einer entschlossenen und breiten gesellschaftlichen Auseinandersetzung für eine demokratische Lösung der kurdischen Frage und einen dauerhaften Frieden aufgerufen. Eine solche Lösung sei nicht nur im Interesse der Kurd:innen, sondern bestimme die gemeinsame Zukunft aller Völker in der Türkei und im Nahen Osten, heißt es in dem Dokument.
In der Erklärung wird betont, dass es in der aktuellen politischen und sozialen Lage eine klare Alternative zu Krieg, Repression und Armut brauche. Die DBP sehe sich als Trägerin von Frieden, Gleichheit und Freiheit. Der Aufbau einer demokratischen Gesellschaft sei untrennbar mit der aktiven Rolle von Frauen verbunden. Diese würden nicht nur Widerstand leisten, sondern seien zugleich gestaltende und transformierende Kräfte.
Rolle der Frauen betont
Die DBP betont: Ohne das Bewusstsein für die Freiheit der Frau und ihre politische Führungsrolle könne weder eine demokratische noch eine ethisch-politische Gesellschaft entstehen. Die organisierte Frauenbewegung wird als zentraler Faktor im Widerstand gegen eine als zerstörerisch beschriebene Systempolitik hervorgehoben, die durch „Spezialkriegstechniken“ und eine Entfremdung der Gesellschaft von ihren Werten gekennzeichnet sei.

Der DBP-Ko-Vorsitzende Keskin Bayındır am Wochenende bei einer Zusammenkunft mit Suryoye-Organisationen in Midyad im Rahmen der Treffen für Frieden und eine demokratische Gesellschaft © MA
Mit Blick auf Abdullah Öcalans Konzept von Frieden und einer demokratischen Gesellschaft kündigte die DBP eine Ausweitung ihrer organisatorischen Arbeit an. „Frauen werden unter dem Motto „Zuerst die Frau, die Frau als Vorreiterin“ ihren Kampf intensivieren“, heißt es. Der Freiheitskampf der Kurd:innen sei ein Beispiel dafür, welche Bedeutung organisierte politische Bewusstseinsbildung habe.
Kritik an syrischer Übergangsregierung und Israel
In der Abschlusserklärung wird auch die syrische Übergangsregierung kritisiert, die durch ihre „ausgrenzende und unterdrückende Politik“ gegenüber Kurd:innen negativ auffalle. Die Rolle der Kurd:innen als politische und gesellschaftliche Akteure in der Region sei inzwischen nicht mehr zu ignorieren – sie seien zentrale Kräfte im Aufbau eines demokratischen Systems im Nahen Osten.
In Bezug auf aktuelle Entwicklungen in der Region warnt die DBP vor einer wachsenden Hegemonialrolle Israels. Die Verschiebung regionaler Machtverhältnisse erfordere strategische Weitsicht seitens der kurdischen Bewegung. Ihre Fähigkeit, sowohl verteidigend als auch konstruktiv und lösungsorientiert zu agieren, werde in diesem Kontext als von historischer Bedeutung hervorgehoben.
Erwartung an den türkischen Staat
Für die Türkei fordert die DBP eine Rückkehr zu ernsthaften Bemühungen im Friedens- und Demokratisierungsprozess. Insbesondere nach dem 27. Februar, „einem symbolischen Wendepunkt für die Region“, habe sich gezeigt, dass sicherheitsorientierte Politiken an ihre Grenzen gestoßen seien. „Ein realistischer demokratischer Lösungsansatz ist unausweichlich“, betont die Partei und ruft den türkischen Staat dazu auf, seiner historischen Verantwortung gerecht zu werden und konkrete politische sowie rechtliche Schritte ohne weitere Verzögerung einzuleiten. Das Ziel sei eine demokratische Lösung der kurdischen Frage, die nicht nur die Kurd:innen betreffe, sondern die gesamte Gesellschaft in ihrem Streben nach Freiheit, Gleichheit und Frieden.
Aufruf an politische Akteur:innen
Gleichzeitig richtet sich die Erklärung an alle politischen Parteien und demokratischen Institutionen. Die DBP betont, dass der Prozess des Friedens und der demokratischen Gesellschaft nicht auf den Dialog zwischen Staat und kurdischer Bewegung beschränkt bleiben dürfe. Vielmehr müsse er unter breiter Beteiligung aller gesellschaftlichen Kräfte geführt werden. „Frieden bedeutet nicht nur das Schweigen der Waffen, sondern die Garantie eines würdevollen, gleichberechtigten und freien Lebens für alle Völker“, heißt es in der Erklärung.