KON-MED: Die 129a/b-Gefangenen nicht allein lassen

Zum internationalen Tag der politischen Gefangenen ruft KON-MED dazu auf, den kurdischen 129a/b-Gefangenen solidarisch beizustehen. Die meisten seien nur deshalb in Haft, weil Deutschland seinem NATO-Partner Türkei politische Geschenke machen wollte.

Internationaler Tag der politischen Gefangenen

Seit Jahren werden in Deutschland lebende Kurdinnen und Kurden auf Grundlage des §129a/b StGB - Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung - angeklagt, inhaftiert und zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Derzeit befinden sich elf Kurden aufgrund dieses „Terrorparagrafen“ in deutschen Gefängnissen.

Dem größten Teil der Angeklagten werden keine individuellen Straftaten vorgeworfen, wie man sie mit dem Terrorismus gewöhnlich in Verbindung bringt, sondern legale politische Tätigkeiten kriminalisiert – wie das Organisieren von Veranstaltungen und Demonstrationen. Die Strafbarkeit dieser Aktivitäten sehen die Anklagebehörden allein dadurch gegeben, dass die Personen angeblich in PKK-Strukturen eingebunden seien. Belegt wird dies in den Prozessen im Wesentlichen durch oft monatelang durchgeführte Telefonüberwachungen und Observationen.

Erst vergangene Woche erfolgten zwei weitere Verurteilungen gegen in Deutschland lebende politisch aktive Kurden: Sabri Çimen wurde in Koblenz zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Und das OLG München verhängte gegen Tahir Köçer zwei Jahre und fünf Monate Haft. Bis Juni 2021 war Köçer Ko-Vorsitzender der bundesweiten Konföderation kurdischer Organisationen KON-MED und damit ein bekannter Vertreter der kurdischen Community. Ebenso ist er Mitglied im Nationalkongress Kurdistan (KNK), dem kurdischen Exilparlament.

KON-MED sieht in der Verurteilung Köçers eine politisch gewollte Kriminalisierung. Anlässlich des Internationalen Tages der politischen Gefangenen ruft der Dachverband dazu auf, ihm und allen anderen kurdischen Gefangenen mit vermeintlichem PKK-Bezug solidarisch beizustehen und ihnen zu schreiben. „Viele von ihnen, wenn nicht sogar alle, sind allein deshalb inhaftiert, weil die Bundesrepublik ihrem NATO-Partner Türkei politische Geschenke machen wollte“, kritisiert KON-MED in einer Mitteilung. Die Adressen der Gefangenen wurden wie folgt aufgelistet:

AYAS Kenan, Holstenglacis 3, 20355 Hamburg (Anmerkung: sein tatsächlicher Nachname lautet AYAZ; in türkischen Dokumenten steht AYAS, was auf ein Versehen beim Eintrag nach seiner Geburt zurückzuführen ist. Damit er Briefe etc. erhält, muss der Name AYAS verwendet werden.)

AYDIN Özgür, Am Fuchsberg 3, 28239 Bremen

ÇAKAS Mehmet, Schulenburger Landstr. 145, 30165 Hannover

ÇIMEN Sabri, Trierer Landstr. 64, 54516 Wittlich

DORA Mazlum, Asperger Str. 60, 70439 Stuttgart

ENGIZEK Ali, Asperger Str. 60, 70439 Stuttgart

KIZILKAYA Merdan, Asperger Str. 60, 70439 Stuttgart

KÖÇER Tahir, Stadelheimer Str. 12, 81549 München

ÖCALAN Abdullah, Obere Kreuzäckerstr. 6, JVA Frankfurt/M. I, 60435 Frankfurt/M.

ÖZEL Ali, Obere Kreuzäckerstr. 6, JVA Frankfurt/M. 1, 60435 Frankfurt/M.

SAKA Kadri, Holstenglacis 3, 20355 Hamburg

„Leider wird Solidarität über die Haftzeit hinaus notwendig sein, denn nach der Haftentlassung hören staatliche Schikanen gegen die nach § 129a/b StGB verurteilten Personen nicht auf“, fährt KON-MED fort. Auch der Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden in Deutschland, AZADÎ e.V., schreibt dazu auf seiner Webseite: „Quasi automatisch werden ihnen der Asylstatus, falls vorhanden, aberkannt und sie aus Deutschland ausgewiesen. Auch wenn dies aufgrund internationaler rechtlicher Bestimmungen in der Regel nicht umgesetzt werden kann, erleiden die Betroffenen erhebliche Nachteile. Mit der Ausweisung erlischt die Arbeitserlaubnis und in der Regel wird ihre Freizügigkeit auf die jeweilige Stadt oder den Landkreis beschränkt, verbunden mit Meldeauflagen bei der örtlichen Polizei.“

Als dies geschieht laut KON-MED für den ausschließlichen Zweck, die kurdische Gesellschaft einzuschüchtern und politisches Engagement von Kurdinnen und Kurden zu einem unabwägbaren Risiko in Deutschland zu machen. „Wir werden uns davon jedoch nicht einschüchtern lassen und uns weiterhin für eine politische Lösung der kurdischen Frage und die Belange der Kurdinnen und Kurden in Deutschland einsetzen“, betont der Dachverband.