Kadri Saka befindet sich seit seiner Festnahme vor drei Wochen im Hungerstreik. Der kurdische Aktivist wurde am 16. Januar in seiner Wohnung in Bremen-Huckelriede festgenommen, zeitgleich wurde der kurdische Verein Biratî e.V. durchsucht. Wegen angeblich bestehender Fluchtgefahr wurde Saka am gleichen Tag nach Eröffnung des Haftbefehls durch das Hanseatische Oberlandesgericht ins Untersuchungsgefängnis Hamburg-Holstenglacis gebracht, wo er sofort in einen unbefristeten Hungerstreik getreten ist. Wie der Rechtshilfefonds AZADÎ e.V. mitteilt, setzt der 58-jährige Vater von acht Kindern den Hungerstreik bis heute fort.
Demonstrationen und Veranstaltungen in Bremen organisiert
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wirft Kadri Saka vor, sich in Bremen und Umgebung von Ende 2018 bis Juli 2021 als PKK-Mitglied in „herausgehobener Stellung“ betätigt und den damaligen Gebietsverantwortlichen unterstützt zu haben. Seine Aufgaben hätten darin bestanden, Demonstrationen und Veranstaltungen zu organisieren, Teilnehmer:innen für diese Aktivitäten zu mobilisieren, bei Streitigkeiten zu schlichten, Spendenkampagnen durchzuführen oder Zeitschriften und Veranstaltungstickets zu verkaufen. Diese Aktivitäten werden nach §§129a/b StGB als Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland gewertet.
„Schwerkriminalität“: Anreize und Möglichkeiten zur Flucht
Im mündlichen Haftprüfungstermin am 31. Januar beantragte Saka die Aufhebung des Haftbefehls oder eine Außervollzugsetzung gegen eine Sicherheitsleistung. Mit Beschluss vom 1. Februar entschied das OLG jedoch die Fortdauer der Untersuchungshaft und begründete dies insbesondere damit, dass der Beschuldigte sowohl in die „terroristische Vereinigung der PKK“ als auch in die kurdische Gemeinschaft Bremens fest eingebunden sei. Er verfüge trotz seines langen Aufenthalts in Deutschland nur über rudimentäre deutsche Sprachkenntnisse und habe keine Bindung an Deutschland. Zudem schaffe der Haftgrund „Schwerkriminalität“ Anreize und Möglichkeiten zur Flucht.
„Welch ein Zynismus!“
„Dass sich Kadri S. im Hungerstreik/Todesfasten befinde, weil er seine Inhaftierung als ungerecht empfindet, verstärke gar den Haftgrund der Fluchtgefahr, weil er damit die eigene Verhandlungsunfähigkeit herbeiführe und sich so dem Verfahren entziehen wolle. Welch ein Zynismus!“, kommentiert AZADÎ: „Die Einzelermächtigung des Bundesjustizministeriums (BMJV) zur strafrechtlichen Verfolgung von Kadri S. datiert vom 27. September 2021. Das OLG unterstellt ihm, davon ausgegangen zu sein, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren nach §§129a/b StGB eingeleitet werde, weil die allgemeine Ermächtigung des BMJV vom 6. September 2011 nur für die Kaderebene der PKK gelte und er seine Arbeit nicht dieser Hierarchieebene zugeordnet habe.“
Seit 1991 in Deutschland
Kadri Saka ist 1966 in Hespist in der Provinz Şirnex geboren und lebt aufgrund von politischer Unterdrückung durch den türkischen Staat seit 1991 in Deutschland. Er ist ein bekannter Aktivist in der kurdischen Gemeinde in Bremen und in der Vergangenheit bereits mehrfach festgenommen worden, seine Wohnung wurde wiederholte Male durchsucht. Mit Kadri Saka befinden sich aktuell elf Kurden in Deutschland nach §§129a/b StGB in Untersuchungs- oder Strafhaft.
Foto: Protest gegen die Kriminalisierung der kurdischen Community und die Festnahme von Kadri Saka in Bremen, 25. Januar 2024