Drohnenangriff auf Fahrzeug in Şengal

Nahe Camp Serdeşt im ezidischen Hauptsiedlungsgebiet Şengal ist ein Fahrzeug von einer türkischen Drohne bombardiert worden.

In der ezidischen Şengal-Region in Südkurdistan ist ein Fahrzeug von einer Kampfdrohne des türkischen Staates bombardiert worden. Der Pickup wurde am Sonntag um etwa 14:00 Uhr Ortszeit in der Nähe des Vertriebenenlagers Serdeşt von der Killermaschine erfasst und mehrere Meter weggeschleudert.

Ein Reporter der Nachrichtenagentur RojNews berichtete vom Tatort, dass bislang noch unklar sei, ob der Wagen nur parkte oder im Straßenverkehr unterwegs war. Auch sei noch nicht bekannt, ob der Angriff Opfer forderte. Die Autonomieverwaltung von Şengal äußerte sich bisher nicht zu der Attacke. Sicherheitskräfte sind vor Ort und untersuchen die Angriffsstelle.

Video: RojNews

Şengal ist das letzte zusammenhängende Siedlungsgebiet der ezidischen Gemeinschaft. Unter dem Vorwand der „Bekämpfung der PKK“ kommt es dort seit 2017 vermehrt zu Luftschlägen durch türkische Kampfflugzeuge und Drohnen. Konkrete Ziele sind hierbei zumeist Einrichtungen des Verwaltungsgremiums „Demokratischer Autonomierat Şengals“ (MXDŞ) oder die Selbstverteidigungseinheiten. Bei den Todesopfern handelt es sich hauptsächlich um Menschen aus der Zivilbevölkerung.

Die türkische Führung gibt vor, in Şengal ausschließlich gegen „PKK-Stellungen“ vorzugehen und beruft sich dabei auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der UN-Charta. Zahlreiche Organisationen und Gremien, darunter auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags, weisen dagegen auf Verstöße der Türkei gegen das Gewaltverbot hin, da es gar keine Selbstverteidigungssituation gebe.

Minenräumer unter dem Deckmantel Terrorbekämpfung getötet

Ende Mai wurde Said Êşur (Said Ashor) bei einem türkischen Drohnenangriff auf ein Wohnhaus in Xanesor getötet. Der Ezide, der zahlreiche Angehörige bei dem Überfall des IS in Şengal verlor, arbeitete seit 2016 für die britische NGO Mines Advisory Group (MAG), die sich international für Minenräumung in Krisen- und Konfliktgebieten einsetzt. Der türkische Staat behauptete dagegen, Êşur sei „Terrorist“ gewesen. Ende Februar wurden mit Pîr Çeko und Agir Cefrî zwei Kommandanten der Widerstandseinheiten YBŞ bei einem Drohnenschlag getötet. Zwei Tage später kam Şêrzad Şemo Qasim aus der Leitung der Sicherheitsbehörde Asayîşa Êzdîxanê ums Leben – ebenfalls durch einen Luftangriff. Beide Organisationen, sowohl die YBŞ als auch Asayîşa Êzdîxanê, wurden unter dem Eindruck des 2014 von der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) an der ezidischen Gemeinschaft Şengals verübten Genozids gegründet.