KCK gedenkt Şêx Seîd: Aufstand von 1925 als Ursprung kurdischen Widerstands

Zum 100. Jahrestag der Hinrichtung Şêx Seîds erinnert die KCK an dessen Aufstand als Akt historischen Widerstands gegen die Verleugnung kurdischer Identität.

Dachverband würdigt historischen Protest gegen Assimilation

Zum 100. Jahrestag der Hinrichtung von Şêx Seîd und seinen Gefährten hat die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) eine schriftliche Erklärung veröffentlicht. Darin würdigt der Dachverband Şêx Seîd als „bewussten, mutigen und engagierten Anführer des kurdischen Volkes“ und bezeichnet den Aufstand von 1925 als „historischen Einspruch gegen die Politik der Verleugnung und Vernichtung“.

Die Erklärung erinnert an die politische und symbolische Bedeutung des Aufstandes, dessen Niederschlagung durch die junge türkische Republik und die Hinrichtung seiner Anführer bis heute tiefe Spuren im kollektiven Gedächtnis der Kurd:innen hinterlassen habe.

„Widerstand gegen die Leugnung kurdischer Existenz“

Şêx Seîd habe sich gegen die koloniale und zentralistische Ordnung der frühen Republik gestellt, heißt es in der Erklärung. Sein Einsatz sei Ausdruck eines kollektiven Widerstands gegen Unrecht und Identitätsauslöschung gewesen: „Mit ihrer Standhaftigkeit, mit ihrem Mut und ihrer Kompromisslosigkeit im Angesicht des Galgens haben Şêx Seîd und seine Mitstreiter die Grundlage für eine Tradition des Widerstands in Kurdistan gelegt.“

Die KCK zieht eine direkte Linie von der Revolte 1925 bis zur Gründung der PKK: „Erst durch die historischen Kämpfe von Persönlichkeiten wie Şêx Seîd und Seyit Rıza konnte sich eine kontinuierliche Widerstandstradition bis zum Auftreten der PKK entfalten.“ Mit dem politischen Wirken Abdullah Öcalans und dem Aufstieg der PKK habe diese Tradition eine neue Phase erreicht – den Beginn eines „nationalen Wiedergeburtsprozesses“

Bezug auf aktuellen Friedensaufruf

Die KCK sieht die heutige Etappe des kurdischen Kampfes in der von Abdullah Öcalan ausgerufenen Phase des Friedens und des Aufbaus einer demokratischen Gesellschaft, die mit dem Appell vom 27. Februar eingeleitet wurde. Diese Phase ziele darauf ab, das langjährige Streben nach Freiheit in eine konkrete politische Lösung zu überführen.

„Mit der Umsetzung dieser demokratischen Initiative wird sich der Kampf, den Şêx Seîd mit seinem Leben bezahlt hat, erfüllen – und die Hoffnung, die er seinen Nachkommen mit auf den Weg gab, Realität werden.“

Abschließend ruft die KCK dazu auf, das Vermächtnis Şêx Seîds nicht nur zu ehren, sondern auch als politischen Auftrag zu verstehen: „Wir gedenken Şêx Seîd und seiner Gefährten in tiefem Respekt und bekräftigen unser Versprechen, ihren Einsatz für Demokratie und Freiheit fortzuführen.“

Der Aufstand des Şêx Seîdê Pîran

Der am 13. Februar 1925 im Dorf Pîran in Gêl (tr. Eğil) bei Amed (Diyarbakir) unter der Führung von Şêx Seîdê Pîran (dt. Scheich Said) ausgebrochene Aufstand machte den Anfang zahlreicher Rebellionen der Kurd:innen nach dem Ende des Ersten Weltkriegs, die dem Prozess der türkischen Nationalstaatsbildung nach dem Fall des Osmanischen Reiches folgten und sich gegen die Verleugnung der kurdischen Existenz, dem Entzug der politischen Autonomie und die faschistische Türkisierungspolitik richteten.

Der Aufstand umfasste neben Amed auch die Regionen Xarpêt (Elazığ) und Çewlîg (Bingöl) und weitete sich im weiteren Verlauf auch auf andere Teile des kurdisch besiedelten Gebietes in der heutigen Türkei aus. Wenige Wochen später, am 26. März 1925, begannen türkische Militäreinheiten Luft- und Bodenangriffe auf vermutete Rückzugsorte von kurdischen „Aufständischen“, nachdem zunächst 25.000 Soldaten in die Region verlegt worden waren. Anfang April erreichte die Truppenstärke etwa 52.000 Mann: der Aufstand wurde blutig niedergeschlagen, mindestens 15.000 Menschen wurden getötet.

Ende April wurden Şêx Seîd und eine Vielzahl seiner Mitstreiter in Mûş gefasst. Ein Schwager des Geistlichen, der als Offizier im Osmanischen Reich gedient hatte, hatte sie verraten. Nach ihrer Überführung nach Amed wurden Şêx Seîd und 46 seiner Weggefährten am 28. Juni 1925 zum Tode verurteilt. Einen Tag später folgte die öffentliche Hinrichtung in Amed. Der türkische Staat weigert sich bis heute, den Ort ihrer Grabstätte preiszugeben.