Kampf um Kobanê bald auf der Kinoleinwand

Özlem Yaşar hat den Kampf um Kobanê verfilmt. Die meisten Szenen entstanden an den originalen Schauplätzen, fast alle Haupt- und Nebenfiguren waren Teil des kollektiven Widerstands gegen den IS. Produziert wird das Werk von der Filmkommune Rojava.

Der Kampf um Kobanê kommt auf die Kinoleinwand. Die Dreharbeiten sind schon abgeschlossen, seit Wochen arbeiten die Macherinnen und Macher mit vereinter Kraft an der Postproduktion – Schnitt und digitale Nachbearbeitung, Vertonung und das Unterlegen der Bilder mit Musik. Ein genaues Startdatum für „Kobanê“, wie der Film heißen soll, steht derzeit noch nicht fest. Einen kleinen Vorgeschmack liefert aber ein erster Blick hinter die Kulissen.

Die Regisseurin des Films ist Özlem Yaşar, die zusammen mit der Journalistin Medya Doz auch das Drehbuch verfasste. Als Produzentin tut sich die Filmkommune Rojava hervor, die zuletzt unter anderem bei der Realisierung des autobiografischen Guerillafilms „Zeit der Brombeeren“ Unterstützung leistete. Gedreht wurde „Kobanê“ – wie sollte es auch anders sein – in Kobanê. Viele Szenen entstanden sogar an den tatsächlichen Kampforten. Ganz reibungslos liefen die Aufnahmen aber nicht ab: mehrmals wurden die Dreharbeiten von Angriffen der türkischen Armee und deren dschihadistischen Hilfstrupps sowie Aufklärungsflügen überschattet.

Auch die Besetzung des Films „Kobanê“ setzt sich hauptsächlich aus Kämpferinnen und Kämpfern der YPG und YPJ zusammen, die sich an der Befreiung der Stadt beteiligten. Awar Ali etwa, einer der Hauptdarstellenden, der den Kämpfer Gelhat spielt, gehört ebenso zu den Mitwirkenden vor der Kamera wie auch einige Mitglieder der Brigade Shams Al-Shamal von Abu Leyla. Ebenso Nebenfiguren wie etwa die Mütter, die Essen für die Front kochten, Teams der militärischen Notfallmedizin oder jene, die Gräber für die Gefallenen aushoben, spielten praktisch sich selbst.

Im September 2014 erschütterte der Vormarsch der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) den Mittleren Osten und die ganze Welt. Die unter anderem mit erbeuteten US-Waffen aus irakischen Beständen hochgerüstete Terrororganisation hatte nach der kampflosen Einnahme von Mossul im Nordirak und dem Genozid im ezidischen Kerngebiet Şengal ihr Augenmerk auf den Norden von Syrien, vor allem Kobanê gerichtet. Mit der Übernahme der strategisch wichtigen Region sollte eine weitere Verbindung zu den Nachschubwegen in die Türkei geöffnet und eine Vereinigung der Kantone verhindert werden. Zuletzt spielte aber auch die Symbolik eine Rolle: Die Rojava-Revolution sollte an dem Punkt erstickt werden, an dem sie ihren Anfang nahm. Denn in Kobanê war am 19. Juli 2012 die demokratische Autonomie ausgerufen worden. Durch eine friedliche Revolution konnte die Kontrolle über die Stadt gewonnen und die Verwaltung an die Bevölkerung übertragen werden. Insgesamt 134 Tage dauerte der Widerstand von Kobanê, der für den IS die erste aber vor allem entscheidende Niederlage bedeutete.

„Der IS hat in Kobanê das von den verschiedenen Völkern gemeinsam erschaffene Gesellschaftsmodell angegriffen“, sagt Regisseurin Özlem Yaşar. Den Kampf um die Stadt beschreibt sie als jenen eines Geistes, der den Status quo ablehnte und auf dem Leitspruch „Ein anderes Leben ist möglich“ beharrte. „Kobanê war der Aufstand einer Kraft, die sich aus dem Zustand der Unterdrückung, Massaker und Vernichtung, die dem kurdischen Volk auferlegt worden war, befreit hatte und sagte: ‚Wir sind es, die hier leben, hier existieren und die Pioniere der hiesigen Zivilisation sind – und das nicht erst seit gestern.‘ Es war ein kollektives Herz, das in den Menschen schlug, ein gemeinsamer Geist, der all diese Gefühle gemeinsam erleben ließ. Jede Frau, jeder Mann und jedes Kind sahen sich als Teil des Widerstands, erlebten den Krieg. Gegenüber dem IS, der mit hochtechnologischem Kriegsgerät angriff, den selbst staatliche Kräfte nicht stoppen konnten, waren es einige wenige Menschen, die ohne richtige Ausrüstung für jedes Viertel, jede Gasse und jedes Haus kämpften. Deshalb wurde Kobanê zur Hoffnung und Inspiration für alle.“

Über Özlem Yaşar

Özlem „Arzeba“ Yaşar wurde 1980 in der nordkurdischen Provinz Êlih (tr. Batman) geboren. Seit 1997 arbeitet sie als Schauspielerin und Drehbuchautorin, ihr Debut als Darstellerin gab sie 2003 „Dema Jin Hezbike“ (Wenn die Frau liebt) von Halil Dağ. Neben dem Schauspiel und Schreiben für das Theater interessierte sie sich auch für Literatur und Kino. 2005 veröffentlichte sie einen Gedichtband namens „Elîh, die Heimat Allahs“. Im Jahr 2015 drehte sie ihren Film „Wêne“ (Das Bild), 2018 folgte ihr Guerillafilm „Berfîn“.