Seit April dieses Jahres und auch schon im Vorjahr führt die türkische Armee massive Militäreinsätze in der Kurdistan-Region Irak (KRI) durch. Dabei wurden immer wieder verbotene Kampfstoffe eingesetzt. Die Regierung der KRI unterstützt die Militäroperationen der Türkei.
Im Nachbarland Iran, vor allem in den kurdischen Gebieten, finden seit dem 16. September, also seit zwei Monaten, massive Aufstände gegen die Regierung statt, nachdem die Kurdin Jîna Mahsa Amini von der iranischen Sittenpolizei getötet wurde. ANF hat mit dem kurdischen Journalisten Kamal Chomani gesprochen, um mehr über die Hintergründe zu erfahren.
Kamal Chomani ist ein politischer Analyst und Non-Resident Fellow am Kurdish Peace Institute in Washington. Die Organisation versteht sich als unabhängiges und überparteiliches Forschungs- und Politikinstitut mit dem Ziel, politische Entscheidungstragende und die breite Öffentlichkeit über das kurdische Volk und Kurdistan aufzuklären.
Der Journalist Zac Koppelin konnte nachweisen, dass Mesrûr Barzanî, Premierminister in der KRI, für rund zwölf Millionen Dollar ein Haus in den USA gekauft hat. Es ist hinlänglich bekannt, dass die Barzanîs ein System der Ausbeutung des Reichtums Kurdistans und der Korruption aufgebaut haben. Kannst du erklären, wie die Machtstruktur des Barzanî-Regimes in der KRI funktioniert?
Die formellen Institutionen der Kurdistan-Region Irak funktionieren nicht auf der Basis der offiziellen Gesetzgebung des Irak und der KRI. Die informellen Institutionen in der KRI sind viel stärker als die formellen Institutionen. Stammes-, Familien- und Parteibeziehungen haben die Institutionen der KRI immer übergangen. Theoretisch verfügt die KRI über eine Art demokratisches System, in dem die Gewalten rechtlich getrennt und unabhängig sind - die Peschmerga und der Sicherheitsapparat sind Teil des KRI-Systems, doch in der Praxis gibt es keine Gewaltenteilung, auch nicht in der Justiz. Das Parlament ist die schwächste Kraft, es wird von den beiden Regierungsparteien, der Demokratischen Partei Kurdistans (PDK) und der Patriotischen Union Kurdistans (YNK), unterminiert, und zwar hauptsächlich von der PDK. So trifft das Parlament keine Entscheidungen ohne Bestätigung der Partei- und Familienführer. Aus diesem Grund konnte das Parlament 2013 sein rechtmäßiges Mandat nicht wahrnehmen, die PDK und die YNK zwangen ihre Mitglieder, die Amtszeit des damaligen Präsidenten Mesûd Barzanî illegal zu verlängern. Als dann 2015 das Parlament erneut über die Zukunft von Mesûd Barzanî entscheiden wollte, schloss er das Parlament für zwei Jahre.
Die Abgeordneten und die Sprecher des Parlaments von Kurdistan, das Klientel der Familien Talabanî und Barzanî, können nichts tun, was nicht den Interessen dieser beiden Familien entspricht. Die PDK und die YNK besitzen eigene Peschmerga und Sicherheitskräfte, was gegen die irakische Verfassung und die Gesetze der KRI selbst verstößt. Ihre Milizen sind brutal und dienen den Interessen der Regionalmächte, vor allem der Türkei. Die Justiz ist zutiefst politisiert, und PDK und YNK können ihr Klientel in diesem System ernennen. Interessanterweise sind sogar die Richter des Justizrats und des Berufungsgerichts zwischen der PDK und der YNK aufgeteilt.
Kurz gesagt, das politische System der KRI arbeitet im Einklang mit den Interessen und Wünschen der PDK und der YNK, d.h. der Familien Barzanî und Talabanî. Diese beiden Parteien sind Familienparteien. Beide Parteien haben zwei parallele Amtssitze: Barzanîs Hauptquartier und Talabanîs Sekretariat. Diese beiden Amtssitze sind viel stärker als das Parlament, die Regierung und die Justiz. Die KRI kann keine Politik machen, mit der die beiden Familien nicht einverstanden sind. Wenn eine Initiative der KRI nicht im Interesse der anderen Partei ist, wird sie im Gebiet der anderen Partei nicht umgesetzt. Zwar haben wir theoretisch eine gemeinsame Regierung, aber praktisch haben wir zwei Zonen: die PDK- und die YNK-Zone, die aus dem Krieg der beiden Parteien in den 1990er Jahren hervorgegangen sind.
Von unseren Genoss:innen in der KRI, zum Beispiel von Tevgera Azadî, hören wir jeden Tag von unglaublichen Repressionen gegen die politische Organisation einer Alternative. Du hast einmal gesagt, dass es keine Alternative zur Demokratie gibt, aber kann man noch von Demokratie sprechen, wenn Oppositionelle einer solchen Repression ausgesetzt sind?
Die KRI ist absolut keine Demokratie mehr. Wir befanden uns von 2003 bis 2013 in einer demokratischen Übergangsphase. In diesen zehn Jahren wurde trotz Repression, Unterdrückung und Korruption durch die PDK und die YNK für Freiheit und Demokratie gekämpft. Doch seit 2013 haben beide Parteien ihre Macht kontinuierlich und erfolgreich gefestigt, und zwar in einem Maße, dass es keine freien Medien und keine überparteiliche Zivilgesellschaft mehr gibt. Die PDK und die YNK lassen keine abweichenden Meinungen zu, Kritiker:innen der KRI werden getötet, ins Exil geschickt, zum Schweigen gebracht und inhaftiert. Derzeit sitzen Dutzende von Journalist:innen und Aktivist:innen im Gefängnis. Wenn es um alternative Ideen geht, d.h. vor allem um die Menschen, die sich im Umfeld von Abdullah Öcalans sozialem, politischem, wirtschaftlichem, kommunalistischem und gleichstellungspolitischem Denken organisiert haben, ist die Repression weitaus brutaler. Zunächst war es vor allem die PDK, die gegenüber jeder Pro-Öcalan-Bewegung in der KRI unerbittlich war, aber auch die YNK hat sich der Repression angeschlossen.
Derzeit läuft in Kurdistan eine Vernichtungsoperation der türkischen Armee gegen die Guerillaorganisationen HPG und YJA Star. Die türkische Armee hat Dutzende von Militärstützpunkten in den kurdischen Bergen errichtet. Warum unternehmen die Regierungen Südkurdistans und des Irak nichts gegen die aggressive Besatzung und die politischen Morde?
Die KRI hat eine Regierung, die hauptsächlich von der PDK geführt wird. Und gerade, wenn es um regionale und außenpolitische Angelegenheiten geht, hat die PDK fast die absolute Macht. Daher muss man sagen: es ist nicht so, dass es die KRI wäre, die nicht gegen die türkische Besatzung vorgeht, sondern die KRI ist es, die die Besatzung unterstützt. Die PDK hat eine Schlüsselrolle bei der türkischen Besetzung der KRI-Gebiete und ist ein wichtiger Kollaborateur im türkischen Kampf gegen die HPG und den YJA Star.
Für die Untätigkeit der irakischen Regierung gibt es mehrere Gründe: Erstens hat der Irak mit seinen Krisen zu kämpfen, und zweitens interessiert sich der Irak nicht sonderlich für den Kampf zwischen der Türkei und der PKK. Man darf nicht vergessen, dass die irakische Regierung in der KRI schwächer vertreten ist als die türkische Armee. Die PDK zieht eine türkische Präsenz in den KRI-Gebieten einer irakischen vor. Man muss ganz offen sagen: Die PDK sieht die PKK als Feind an und glaubt, dass ihre innere Schwäche, brutale Unterdrückung und Korruption irgendwann zu ihrem Untergang führen werden und die einzige Kraft, die ihr dann helfen kann, die Türkei ist. Daher hat die PDK die falsche Rhetorik aufgebracht, dass die PKK die KRI übernehmen wolle. Auf diese Weise bringt sie immer mehr türkische Streitkräfte in die KRI. In der Zwischenzeit hat die PDK enge wirtschaftliche und energiepolitische Beziehungen zur Türkei aufgebaut, vor allem zur Familie Erdoğan und zu Personen in der Armee und im Geheimdienst.
Die KRI wird von der PDK und der YNK geführt: Die PDK ist für alles verantwortlich, was in Duhok und Hewlêr [Erbil] passiert und die YNK ist für alles verantwortlich, was in Silêmanî passiert. Beide Parteien regieren ihre Territorien. Dennoch sind alle politischen Parteien in der gegenwärtigen Koalitionsregierung für die Politik der KRI verantwortlich, obwohl sie unfähig sind, irgendeinen Einfluss seit der Übernahme durch Mesrûr Barzanî zu nehmen.
Eine Reihe von Freundinnen und Freunden, die sich für den demokratischen Konföderalismus in Südkurdistan einsetzen, wurden ermordet. Dazu zählen etwa Zeki Çelebi oder zuletzt Nagihan Akarsel – beides Menschen, die sich für die Demokratie in Kurdistan eingesetzt haben. Auch zahlreiche Zivilist:innen haben ihr Leben verloren, Dörfer wurden evakuiert. Chemische Waffen werden gegen die YJA Star und die HPG eingesetzt. Warum gibt es keinen Volkswiderstand gegen diese Verbrechen?
Ich denke schon, dass es Volksaufstände gegen die türkische Armee gab, aber die KRI hat sie stark unterdrückt. Über 70 Aktivist:innen und Journalist:innen aus der Behdînan-Region [Badinan] wurden inhaftiert, das war vor allem Mesrûr Barzanîs Antwort auf die Niederschlagung der Proteste in dort. Einige der Inhaftierten hatten sich gegen die türkische Besatzung organisiert und ausgesprochen. Jedes Mal, wenn es in der KRI kleinere Proteste gibt, greifen die Schläger von PDK und YNK die Demonstrierenden an. Die Menschen haben protestiert, aber die Brutalität der PDK und der YNK hat ein neues Niveau erreicht.
Welche Rolle spielt die NATO bei der Besetzung von Südkurdistan durch die türkische Armee?
Die NATO hätte Druck auf die Türkei ausüben können, damit die Übergriffe eingestellt werden, aber sie zieht es vor zu schweigen. Und das nicht nur bei der Besetzung Kurdistans, von der die Türkei behauptet, sie bekämpfe „Terroristen“, sondern auch angesichts der türkischen Besetzung in Syrien, bei der die NATO-Kräfte – ich meine die internationale Koalition [im Kampf gegen den IS] – ein Bündnis mit den dortigen Demokratischen Kräften Syriens [QSD] haben. Der NATO ist es egal, wer gegen wen kämpft, solange es sich nicht gegen ihre eigenen strategischen Interessen richtet.
Der demokratische Konföderalismus ist die beste Lösung für den Iran
Seit nunmehr zwei Monaten findet in Rojhilat und im gesamten Iran ein Aufstand statt. Welche Rolle spielen kurdische Organisationen und die kurdische Bevölkerung bei diesem Aufstand?
Die kurdische Bevölkerung steht an der Spitze der Proteste und hat eine führende Rolle inne, was sich vor allem in den kurdischen Städten des Landes gezeigt hat. Die kurdische Bevölkerung hat sehr schnell auf die Ermordung von Jîna Mahsa Amini reagiert. Was die kurdischen Organisationen betrifft, wenn wir mit Organisationen politische Parteien meinen, so haben sie vor allem Unterstützung geleistet, indem sie weltweit Versammlungen und Proteste organisierten. Ihre Medienplattformen haben dazu beigetragen, die Botschaft „Jin, Jiyan, Azadî“ zu verbreiten. Ich bin sehr beeindruckt von den Menschen in Iran, seien es Kurd:innen oder Aseris, Perser:innen, Belutsch:innen und Araber:innen. Ihre Einigkeit ist beispiellos. Ihre Botschaften sind unglaublich. Sich um den Slogan „Jin, Jiyan, Azadî“ zu versammeln, ist sehr revolutionär. In den vergangenen zwei Jahrzehnten hat es im Nahen Osten diverse Aufstände gegeben, und einige waren sogar bis zu einem gewissen Grad erfolgreich und konnten das System stürzen, wie der Arabische Frühling in Tunesien und Ägypten. Diese Aufstände waren jedoch nicht in der Lage, die strukturellen Probleme von Gesellschaften zu verstehen. Die Grüne Bewegung in Iran hat bestimmte Reformen gefordert, der Arabische Frühling war vor allem ein Aufstand gegen das politische System, ohne eine Alternative zu bieten, die auf den Realitäten in den Ländern beruhte. Ich bin verblüfft über die aktuellen Proteste in Iran, die sogar die traditionellen politischen Parteien gezwungen haben, eine progressive Haltung zu den Ereignissen im Land einzunehmen.
Schon während der sogenannten Revolution im Iran 1979 hatten die Kurd:innen in den kurdischen Gebieten Irans eine Selbstverwaltung aufgebaut, die brutal angegriffen wurde, ihre Anführer wurden ermordet. Welche Stärke haben die kurdischen Organisationen heute?
Die kurdischen politischen Organisationen sind heute vielleicht nicht so stark, aber die kurdische Zivilgesellschaft innerhalb des Landes ist es. Die kurdische Bevölkerung ist stark. Die kurdischen Organisationen sind genauso stark wie die anderen iranischen Parteien. Sie sind auch in den kurdischen Städten vertreten. Die PJAK hat einen bewaffneten Flügel, ebenso die PDK-I und die Komala. Die bewaffneten Mitglieder der PJAK befinden sich in den Bergen. Die PDK-I und Komala haben ebenfalls einige Stützpunkte in den Bergen. Das ist eine Stärke, die bestimmten anderen Parteien fehlt. Die Volksmudschahedin sind nicht mehr im Lande. Der Sohn des Schahs ist innerhalb der persischen Bevölkerung in Nordamerika und in gewissem Maße auch in Europa nach wie vor einflussreich. Ich glaube, dass die Völker in Iran ihre Zukunft gut selbst bestimmen können. Sie haben verstanden, dass die Ein-Mann-Herrschaft und die Ein-Nationen-Politik in dem Land nicht mehr funktionieren.
Was ich dieses Mal befürchte, ist nicht, dass die kurdischen Parteien nach dem Zusammenbruch des Regimes ausgeschlossen oder bekämpft werden könnten, meine Befürchtung ist vielmehr die Polarisierung und Feindschaft kurdischer Parteien. Verschiedene Parteien akzeptieren die neuen Realitäten im Land nicht. Die traditionellen Parteien sind sich der neuen Realitäten nicht bewusst. Die neue Generation ist gebildet und fortschrittlich. Die traditionellen Parteien betrachten sich wie in den 1970er und 1980er Jahren als Hauptgesprächspartner. Aber es sind neue Parteien entstanden. Die neue Generation ist wahrscheinlich mehr an dem Inhalt des Slogans „Jin, Jiyan, Azadî“ interessiert, als an reiner nationalistischer Rhetorik, die keine strukturellen, radikalen Veränderungen im Lande bewirken kann.
Ist es denkbar, dass in Rojhilat eine Situation wie in Syrien entsteht, wo die Bewegung, die für einen demokratischen Konföderalismus unter den Völkern des Nahen Ostens eintritt, in einem Teil der Region eine Selbstverwaltung einrichten konnte?
Die Zukunft ist unvorhersehbar, aber alles ist möglich. Das iranische Regime hat nur zwei Möglichkeiten: entweder radikale Reformen, um eine Situation wie in Syrien zu verhindern, oder die Beibehaltung seiner brutalen eisernen Faust, um eine Situation wie in Syrien zu verzögern. Der demokratische Konföderalismus ist die beste Lösung für Iran. Das Land braucht eine politische Ideologie, die die Vielfalt zusammenführt. Iran hat eine Geschichte der Akzeptanz von Vielfalt. Kyros der Große, der Iran zwischen 550 und 530 v. Chr. regierte, war ein Verfechter der Vielfalt. Das persische Reich akzeptierte Vielfalt besser als das heutige iranische Regime. Das Land setzt sich hauptsächlich aus Perser:innen, Aseris, Kurd:innen, Araber:innen, Belutsch:innen und einigen anderen religiösen und ethnischen Bevölkerungsgruppen zusammen. In den vergangenen vier Jahrzehnten hat das Vilayat-e Faqih [Statthalterschaft des Rechtsgelehrten, Regierungssystem der Islamischen Republik Iran] die Rechte von Nicht-Schiit:innen und Nicht-Perser:innen unterdrückt. Und dies, obwohl auch die Perser:innen unterdrückt wurden, da das System nicht demokratisch war. Das muss sich ändern.
Viele iranische Journalist:innen benennen die kurdische Identität von Jîna Amini nicht, sie scheinen nicht sehr gut über die vielfältigen Unterdrückungen informiert zu sein, denen Kurd:innen, Belutsch:innen und andere Bevölkerungsgruppen in Iran ausgesetzt sind. Ist es möglich, dass sie die kurdische Frage als einen Nebenwiderspruch sehen und kann es unter diesen Umständen eine gemeinsame Perspektive für die Völker Irans geben?
Ich denke, es gibt unterschiedliche Haltungen, wenn es um die Proteste geht. Einige glauben vielleicht, dass es besser ist, sich auf das ganze Land zu konzentrieren, als die Proteste nach ethnisch-sektiererischen Gesichtspunkten aufzuteilen, aber sie wollen weder die Kurd:innen noch andere Völker unterwerfen. Ihre Haltung ist offen und sie glauben an einen demokratischen Iran für alle. Es gibt jedoch auch einige Pan-Iranisten, die die Fantasien des früheren Regimes weiterleben lassen wollen, und sie unterscheiden sich vom derzeitigen Regime nur in der Theorie und nicht in der Praxis. Ich glaube nicht, dass es große Unterschiede zwischen einem säkularen Diktator und einem theokratischen Diktator gibt. Ich glaube, dass beide eine Gefahr für die Menschenrechte, den Frieden und die Ruhe in der Gesellschaft darstellen. Wir haben beides erlebt: das Schah-Regime und das Regime der Islamischen Republik. Beide waren schrecklich für die Menschen im Iran, für die Wirtschaft und die Natur des Landes.
Die PJAK hat vorgeschlagen, eine Einheitsfront der Kurd:innen unter der Flagge der Republik Mahabad aufzubauen. Wie reagieren die anderen kurdischen Organisationen darauf?
Die kurdischen traditionalistischen Parteien wollen nicht mit der PJAK zusammenarbeiten. Ein Flügel der Komala hingegen schon. Die traditionalistischen Parteien befürchten, dass die PJAK die PYD von Rojava sein wird. Sie wissen, dass die die Ideen Öcalans unter der Jugend in Rojhilat, insbesondere bei den Studierenden, stark vertreten sind. PJAK, PDK-I und Komala sowie andere politische Parteien sollten sich zusammensetzen und über die Zukunft Irans auf der Grundlage der Interessen aller Völker diskutieren. Keine kann allein regieren, keine kann die einzige Partei sein. Es wird auch neue Parteien geben, wenn es zu einem Regimewechsel kommt. Ein Projekt für die Zukunft von Rojhilat und Iran ist der einzige Weg, der diesen Parteien das Recht gibt, zu behaupten, dass sie die Kurd:innen vertreten können. Andernfalls gelten sie als eigennützige Parteien, wie wir sie in der Kurdistan-Region Irak erleben, die nichts als Zerstörung, Krieg und Korruption hervorbringen.
Einen Umsturz in Iran kann es wohl nur geben, wenn sich bewaffnete Kräfte gegen die Gewalt des Regimes stellen. Ist es denkbar, dass sich Teile des Militärs mit dem Volksaufstand solidarisieren, oder gibt es auch andere Selbstverteidigungskräfte des Volkes, die sich dem Regime entgegenstellen könnten?
Ich glaube nicht, dass die iranischen Armeen, ob offiziell oder informell, auf Seiten des Volkes gegen das Regime kämpfen werden. Ich denke aber, dass wenn die Proteste größer werden, vor allem in Teheran, und damit meine ich nicht solche Proteste, bei denen „nur“ ein paar Tausend auf die Straße gehen, dann wird es weniger Gewalt von Seiten der Armeen und Sicherheitskräfte geben, was dazu führen könnte, dass das Regime entweder kapituliert und sich radikal reformiert oder aber zusammenbricht und gestürzt wird. Wenn die Proteste jedoch weiterhin nur in den Städten Kurdistans und Belutschistans stattfinden, könnte es sein, dass die Zukunft nicht so aussieht, wie wir sie uns wünschen.