„Die Aggressivität der Herrschenden ist ein Zeichen der Angst“

Die Frauenbewegung TJA steht im Fokus der Repression in der Türkei. Die TJA-Aktivistin Xecê Şen sieht die Aggressivität des türkischen Regimes als Zeichen der Angst vor freien Frauen. Der kurdische Frauenkampf könne niemals niedergeschlagen werden.

Der türkische Staat greift gezielt die kurdische Frauenbewegung an. Politikerinnen und Aktivistinnen werden verhaftet oder ermordet. Vor allem Frauen, die im kurdischen Befreiungskampf zu Symbolfiguren wurden, sind der AKP/MHP-Regierung ein Dorn im Augen. Sakine Cansız, Leyla Güven, Sebahat Tuncel, Aysel Doğan, Ayşe Gökkan und Aysel Tuğluk sind nur einige davon, die Liste ließe sich endlos verlängern. In der letzten Zeit richtet sich die politische Repression in der Türkei besonders stark gegen die Bewegung Freier Frauen (Tevgera Jinên Azad, TJA), eine Dachorganisation kurdischer Aktivistinnen und Politikerinnen.

Die TJA-Aktivistin Xecê Şen hat sich gegenüber ANF in Amed zu dem Angriffskonzept gegen die Frauenbewegung geäußert. „Wo gekämpft wird und ein freier Wille besteht, wird ein Angriffsmechanismus in Gang gesetzt. Reaktionäre und finstere Systeme haben schon immer gegen freie Frauen interveniert, dabei handelt es sich um ein Wesensmerkmal autoritärer Regime“, sagt Xecê Şen.

In vielen Aufständen in der kurdischen Geschichte haben Frauen eine Rolle gespielt. Xecê Şen erklärt dazu: „Alle Frauen, die in der Geschichte Kurdistans zu Symbolfiguren geworden sind, haben sich selbst als Nachfolgerinnen von vor ihnen kämpfenden Frauen definiert. Als TJA sind wir ebenfalls Nachfolgerinnen und haben ein Erbe übernommen. Das Besatzungsregime greift dieses Erbe an. Die kurdischen Frauen haben ihren Kampf allen Angriffen zum Trotz immer weiter geführt. Der Widerstand geht auch heute weiter. Für jede ermordete oder verhaftete Frau kommen Dutzende neue Frauen.“

Für Xecê Şen steht fest, dass die aggressive Politik der Herrschenden gegen die Frauenbewegung ein Zeichen der Angst ist: „Sie sehen jeden kleinen Schritt als Gefahr für sich selbst. Weil sie das Freiheitsbewusstsein von Frauen als gefährlich erachten, kennt ihre Aggressivität keine Grenzen. Ihre Spezialkriegspolitik richtet sich vor allem gegen Frauen. Es vergeht kein Tag, an dem Frauen nicht von dieser Politik betroffen wären.“

Der Frauenkampf entwickele sich dennoch weiter, führt Xecê Şen weiter aus: „Als kurdische Frauenbewegung haben wir in philosophischer, theoretischer, organisatorischer und politischer Hinsicht eine neue Moderne auf der Welt geschaffen. Diese Moderne gilt vielen Frauengemeinschaften als Referenz für ihre Aufstände gegen das patriarchale Herrschaftssystem. Viele Frauenbewegungen auf der Welt begreifen die Angriffe auf die Kurdinnen als Angriffe auf sich selbst, denn die kurdischen Frauen haben mit ihrem Kampf ihre Aufrichtigkeit bewiesen. Daher kann unser Kampf nicht zurückgeschlagen werden. Er wird immer und mit all seinen Farben weitergehen.“