Am Landgericht Aachen wird demnächst wieder gegen einen Aktivisten verhandelt, dem im Zusammenhang mit der Räumung des Hambacher Forst im Herbst 2018 Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte zum Vorwurf gemacht werden. Der Umweltschützer hatte sich bei der gewaltsamen Entfernung von Braunkohlegegner:innen im „Hambi“ genannten Wald an eines der dort errichteten Baumhäuser angekettet. Er muss sich nun schon in der zweiten Instanz gegen diesen Vorwurf verteidigen. Aber nun, nach dem Urteil zur Räumung, stehen die Chancen besser – Widerstand gegen rechtswidrige Polizeimaßnahmen ist nach § 113 II StGB nicht strafbar.
Anfang September hatte das Verwaltungsgericht Köln entschieden, dass die Räumung im Hambacher Forst rechtswidrig gewesen ist. Die als Begründung genannten Brandschutz-Bestimmungen seien nur vorgeschoben gewesen. Letztlich habe die Aktion der Entfernung von Aktivistinnen und Aktivisten aus dem Hambacher Forst gedient. Das Urteil fiel mitten im Wahlkampf, eine schwere Schlappe für NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, der damals für die Räumung verantwortlich war.
Bei dem damaligen Baumhausbewohner, der gegen die Stadt Kerpen geklagt hatte, die auf Weisung der Düsseldorfer Landesregierung Teile des Waldes hatte räumen lassen, handelt es sich um den Aachener, der nun vor Gericht steht. Die Verhandlung findet am Donnerstag statt, Prozessbeginn ist um 11.30 Uhr. Kurios: Am selben Tag feiert der Aktivist seinen Geburtstag. Vom Feiern abhalten wird die Verhandlung ihn und andere Braunkohlegegner:innen aber nicht. „Denn wir haben Spaß, alles was die haben, sind Knarren – und solange du mehr Spaß als die hast, solange hast du nicht verloren“, erklärte er gegenüber ANF. Der Prozess soll mit einer Kundgebung vor dem Gericht solidarisch begleitet werden, diese ist allerdings noch in Planung. Nähere Einzelheiten sollen in den nächsten Tagen bekanntgegeben werden.
Symbol der Klimagerechtigkeit
Der Hambacher Forst, der im Rheinischen Braunkohlerevier am Rande des von RWE betriebenen Tagebaus liegt, galt und gilt als Symbol der Auseinandersetzung zwischen Klimaschützer:innen und der Kohlebranche. Vor drei Jahren hatte die NRW-Landesregierung die Stadt Kerpen und den Kreis Düren angewiesen, die Baumhäuser zu räumen, die Braunkohlegegner:innen über mehrere Jahre hinweg im Hambi errichtet hatten – für die Profitinteressen von RWE. Der Energiekonzern wollte damals im Hambacher Forst roden. Im September 2018 wurde die Räumung durchgeführt. Der Abriss der Baumhäuser, Holzunterstände und Zelte der Waldbesetzer:innen war aber nur möglich, weil insgesamt 31.000 Polizist:innen aus allen Landesteilen Nordrhein-Westfalens mehrere hundert Aktivist:innen in einem dreiwöchigen Einsatz vorübergehend festnahmen.
Titelfoto: Nora Börding | Ende Gelände