Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) haben nach eigenen Angaben eine Agentengruppe des türkischen Staates festgenommen. Die vierköpfige Gruppe soll für den Tod der YPJ-Kämpferinnen Şervîn Serdar, Nûcan Ocalan und Canda Cûdî verantwortlich sind. Die drei Frauen gehörten dem Frauenmilitärrat von Minbic an, Şervin Serdar war die Kommandantin und somit auch Mitglied der YPJ-Kommandantur. Sie wurden am 15. September 2023 durch einen gezielten Drohnenangriff der Türkei auf ihr Auto in Minbic ermordet.
Wie das Medienzentrum der QSD heute mitteilte, haben die vier ergriffenen Personen für den türkischen Geheimdienst gearbeitet. Ein Operationsteam der QSD habe nach längeren Ermittlungen und Observationen eindeutige Beweise gefunden. Die Täter seien verhaftet worden und hätten im Verhör gestanden, auf Anweisung des türkischen Geheimdienstes organisiert vorgegangen und an dem Anschlag beteiligt gewesen zu sein. Laut der Mitteilung sollen ihre Aussagen zu einem späteren Zeitpunkt im Videoformat veröffentlicht werden.
Şervîn Serdar: 25 Jahre im Kampf für Frauenbefreiung
Şervîn Serdar hieß mit bürgerlichem Namen Îman Mehmûd Derwêş und stammte aus Dirbêsiyê im Norden Syriens. Sie war 25 Jahre lang in der kurdischen Frauenbefreiungsbewegung aktiv und kämpfte unter anderem in Kobanê gegen den IS. Als Kommandantin der Frauenverteidigungseinheiten YPJ war sie auch international bekannt und nahm in verschiedenen Ländern an diplomatischen Gesprächen teil, unter anderem im Élysée-Palast in Frankreich.
Unbeachteter Drohnenkrieg
In der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien sterben immer wieder Menschen durch völkerrechtswidrige Drohnenangriffe, die von der Türkei anhand von Informationen ortsansässiger Agentennetzwerke verübt werden. Die Angriffe richten sich gezielt gegen Vertreterinnen und Vertreter der Selbstverwaltungsstrukturen, Mitglieder von Kampfverbänden sowie die Zivilbevölkerung. Hauptsächlich werden in diesem Krieg unbemannte Maschinen eingesetzt, die ohne eine an Bord befindliche Besatzung autark durch einen Computer oder vom Boden über eine Fernsteuerung betrieben und navigiert werden – und sich unbehelligt im von den USA und Russland kontrollierten Luftraum von Syrien bewegen.
Hunderte Tote und Verletzte durch Drohnen in 2023
Die internationale Gemeinschaft ignoriert den antikurdisch motivierten Drohnenkrieg der Türkei in Nord- und Ostsyrien, der im Juni 2020 mit der Ermordung von drei Vertreterinnen des Frauendachverbands Kongra Star in Kobanê begonnen hatte. Seitdem fanden hunderte weitere Drohnenangriffe statt. Zwischen Januar und November dieses Jahres führte der türkische Staat laut einer Bilanz des Rojava Information Center mindestens 141 Anschläge mit Drohnen durch, die 92 Tote und 89 Verletzte forderten. Allein 64 dieser Drohnenschläge verübte Ankara im Zuge einer fünftägigen Angriffswelle Anfang Oktober – zusätzlich zu 25 Luftschlägen mit Kampfflugzeugen im selben Zeitraum. Seither kamen weitere Attacken hinzu, zuletzt am heutigen Morgen in der Nähe von Til Temir.