Am 15. September fiel Şervîn Serdar zusammen mit Nûcan Ocalan und Canda Cûdî südlich von Minbic einem gezielten Drohnenangriff des türkischen Staates zum Opfer. Die drei Kämpferinnen gehörten dem Frauenmilitärrat von Minbic an, Şervin Serdar war zudem Kommandantin des Verbands und zugleich Teil der militärischen Leitungs- und Kommandostruktur der Frauenverteidigungseinheiten (YPJ). Sie war auch international als Vertreterin der YPJ bekannt und führte unter anderem Gespräche mit Präsident Emmanuel Macron in Frankreich. Ihre Ermordung löste weltweit Betroffenheit aus. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn etwa, der Şervîn Serdar persönlich begegnet war, hatte die Tötung der drei Fraun verurteilt.
Wer war Kommandantin Şervîn Serdar?
Şervîn Serdar wurde als Îman Mehmûd Derwêş 1981 im Dorf Qurmanî in Dirbêsiyê geboren und war die Älteste von zehn Geschwistern. Sie wuchs in einer patriotischen Familie auf und wurde als klug, ernsthaft und besonnen beschrieben. Ihr Vater Îsmaîl Derwêş charakterisierte sie gegenüber der Nachrichtenagentur ANHA als äußerst aktiv in allem, was sie tat. Sie wurde von ihren Freund:innen und Lehrer:innen geschätzt und war schon als junges Mädchen sehr selbstständig. Dadurch war sie in der Lage, die Schwierigkeiten, die ihr Leben mit sich brachte, selbst zu bewältigen. Îmans Leben nahm schon früh einen besonderen Weg. Bereits im Alter von 15 Jahren, im Jahr 1996, schloss sie sich der revolutionären kurdischen Kunst- und Kulturgruppe Şehîd Zîlan in Dirbêsiyê an, da sie große Begeisterung für diese Form des Ausdrucks empfand.
Îsmaîl Derwêş, Vater von Şervîn Serdar
Şervîn Serdar hatte eine enge Beziehung zu ihrem Vater, der seit den 1980er Jahren mit der kurdischen Freiheitsbewegung verbunden ist. Sie verfolgte seine Aktivitäten genau und schloss sich 1998, nachdem sie die Mittelschule abgeschlossen hatte, der Freiheitsbewegung an. Sie begann ihren Freiheitskampf in den Bergen. Bis 2005 brach der Kontakt zu ihrer Familie ab, doch dann lud sie ihre Familie zu einem Wiedersehen in die Berge ein.
Die Revolution von Rojava
Als am 19. Juli 2012 die Revolution von Rojava begann, kehrte Şervîn Serdar, wie viele andere auch, nach Rojava zurück und beteiligte sich an der Revolution. Bereits 2012 kämpfte sie an der Front in Aleppo gegen den Al-Qaida-Ableger Jabhat al-Nusra (heute HTS). Es folgte ihre Beteiligung an den Offensiven von Minbic, Raqqa und Deir ez-Zor, die dazu beitrugen, dem „Islamischen Staat“ (IS) das Rückgrat zu brechen.
Şervîn Serdar spielte eine wichtige Rolle bei der Organisierung der Bevölkerung und der Verbreitung der Botschaft der YPJ und der Volksverteidigungseinheiten (YPG) auf internationaler Ebene. Im Jahr 2016 nahm sie an der Eröffnung des YPG-Vertretungsbüros in Prag, der Hauptstadt der Tschechischen Republik, teil. Sie war auch Teil einer Delegation aus Nord- und Ostsyrien, die Luxemburg besuchte und dort mit Regierungsvertreter:innen zusammentraf.
Şervîn Serdar im Kampf gegen IS und Geheimdienstzellen
YPJ-Kommandantin Zinarîn Kobanê
Şervîn Serdar war im Kommando des Militärrats von Minbic und Mitglied des Militärrats der YPJ. Sie leistete Großes für den Aufbau und die Verteidigung der Revolution. Kurz vor ihrem Tod nahm sie noch an der Operation „Sicherheitsverstärkung“ gegen den IS und Geheimdienstzellen in der Region Deir ez-Zor teil. Die YPJ-Kommandantin Zinarîn Kobanê erinnerte an die wichtige Rolle, die Şervîn Serdar bei dieser Operation gespielt hat, und charakterisierte sie wie folgt: „Als ich Şervîn sah, wurde mir klar, dass sie aus einer patriotischen Familie stammt. Ich fühle mich geehrt, eine Person wie Şehîd Şervîn getroffen zu haben.“
„Wir sind stolz auf ihr Opfer“
Dilşa Derwîş, Mutter von Şervîn Serdar
Die Nachrichtenagentur ANHA führte auch ein Gespräch mit Şervîn Serdars Mutter Dilşa Derwîş. Sie erklärte: „Alle wissen, wer Şervîn Serdar war und was sie für ihr Volk getan hat. Wir sind stolz auf ihr Opfer und das ihrer Genossinnen. Wir versprechen, ihrem Weg zu folgen, bis der Feind besiegt ist.“