„Weil sie die Wahrheit aufgedeckt haben“

In der Türkei werden Journalistinnen und Journalisten verhaftet, weil sie staatliche Verbrechen aufdecken und die Wahrheit öffentlich machen. Der Journalist Zeynel Bulut weist auf die Kontinuität seit den 1990er Jahren hin.

Die Repression gegen Medienschaffende in Nordkurdistan und der Türkei nimmt immer größere Ausmaße an. Zeynel Bulut, Vorstandsmitglied des Journalistenvereins Dicle-Firat (Dicle Fırat Gazeteciler Derneği, DFG), sieht darin eine generelle Entwicklung seit den 1990er Jahren:

„Wenn wir die Situation in Kurdistan und der Türkei betrachten, sehen wir, dass die gesamte Gesellschaft von der Politik der AKP/MHP-Regierung betroffen ist und genug davon hat. Die Gesellschaft steht unter großem Druck. Als freie Medien wollen wir diese Unterdrückung aufdecken und über die Wahrheit berichten, um das staatliche Vorgehen anzuprangern.

Wenn wir über die Unterdrückung der Gesellschaft berichten, sind wir als Journalistinnen und Journalisten der freien Medien mit Repression und Drohungen konfrontiert. Daran zeigt sich, dass die Machthabenden die Wahrheit fürchten. Aufgrund ihrer Angst greifen sie die freien Medien an, um uns zum Schweigen zu bringen. Das wird ihnen jedoch nicht gelingen. Die Repression gegen die freien Medien dauert seit den 1990er Jahren an. Journalistinnen und Journalisten kämpfen dafür, der Bevölkerung die Wahrheit zu vermitteln. Das ist ein sehr wichtiger Kampf. Wir werden ihn fortsetzen, so gut es uns möglich ist. Wir wollen die Bevölkerung nicht allein lassen.“

Türkei ist das größte Gefängnis für Medienschaffende

Bulut weist auf die jüngsten Verhaftungen von Journalist*innen hin, die nach der Berichterstattung über staatliche Verbrechen erfolgt sind: „In Wan sind die beiden Dorfbewohner Servet Turgut und Osman Şiban gefoltert und aus einem Hubschrauber geworfen worden. Weil sie das aufgedeckt haben, sind Journalistinnen und Journalisten verhaftet worden. Eine Korrespondentin von JinNews hat den Fall der systematischen Vergewaltigung einer Fünfzehnjährigen durch 27 Personen, darunter Dorfschützer, Polizisten und Militärs, in Batman-Gercüş [kurd. Êlih-Kercews] aufgedeckt. Deshalb wurde die Internetseite der Agentur gesperrt. Der Zugang zu etlichen Seiten von Nachrichtenagenturen und Zeitungen wird tagtäglich blockiert. All das passiert, weil tatsächliche Gegebenheiten aufgedeckt werden.

Als Verein veröffentlichen wir regelmäßig die uns vorliegenden Zahlen. Im vergangenen Monat befanden sich 91 Journalistinnen und Journalisten im Gefängnis. Es laufen Gerichtsverfahren gegen 47 Medienschaffende. Vor ein paar Tagen hat Reporter ohne Grenzen einen Bericht zur Pressefreiheit veröffentlicht. In dem Ranking ist die Türkei von 180 Ländern auf Platz 154. Die Türkei ist das größte Gefängnis für Medienschaffende. Journalisten werden verhaftet, weil sie die Wahrheit berichten. Kein Journalist ist aus einem anderen Grund im Gefängnis. Der einzige Grund ist die Identität als oppositionelle Berichterstatter.“

Tradition der freien Medien wird fortgesetzt

In der Türkei werden vor allem Oppositionelle und alle, die für Freiheit eintreten, unterdrückt, sagt Bulut und erklärt abschließend: „In der Regierungspolitik kommen freies Denken, Liebe zum Menschen, Gleichberechtigung und Gerechtigkeit nicht vor. Wer das fordert, protestiert gegen die herrschende Politik und wird damit zum Angriffsziel. Die freien Medien sind die Stimme dieser Menschen. Deshalb sollen sie zum Schweigen gebracht werden.

Trotz Unterdrückung, Bedrohung und Verhaftungen geben die freien Medien ihren Kampf nicht auf und informieren die Bevölkerung weiter über das wirkliche Geschehen. Die Regierung will eine Medienlandschaft schaffen, in der es nur eine Farbe und eine Stimme gibt. Die schmutzige und unwahre Berichterstattung der regierungsnahen Medien wird durch die freien Medien dementiert. Auch in den 1990er Jahren sind Menschen aus Hubschraubern geworfen worden und auch damals wurden Journalisten verhaftet, weil sie darüber berichtet haben. Trotz der seit damals andauernden Repression wird die Tradition der freien Medien fortgesetzt.“