Sedat Yılmaz: Ich bin angeklagt, weil ich Kurde und Journalist bin

Der MA-Redakteur Sedat Yılmaz wird in der Türkei ohne Beweise als Mitglied einer Terrororganisation beschuldigt. Nach acht Monaten Untersuchungshaft kann der kurdische Journalist das Gefängnis verlassen.

Der im Mai in der Türkei verhaftete kurdische Journalist Sedat Yılmaz wird mit der Auflage eines Auslandsreiseverbots freigelassen. Das ordnete die vierte Kammer des Schwurgerichts Diyarbakır (ku. Amed) heute bei der ersten Hauptverhandlung gegen den wegen Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation angeklagten Redakteur der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA) an. Yılmaz wird beschuldigt, zusammen mit anderen kurdischen Medienschaffenden das „Pressekomitee der KCK“ (Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans) gegründet zu haben.

Der Angeklagte wies die Anschuldigung zurück und sagte: „Ich bin hier, weil ich Kurde bin, weil ich kurdischer Journalist bin und weil ich für kurdische Medien arbeite. Allein aus diesem Grund befinde ich mich seit acht Monaten in Untersuchungshaft, und das ohne jeglichen Beweis einer Straftat.“

Sedat Yılmaz

In der Verhandlung wurden über eine Videoverbindung die geheimen Zeugen „Ulaş" und „K8Ç4B3L1T5” angehört. Der türkische Staat verfügt über einen geheimen Kronzeugenpool, der nach Bedarf in Verfahren gegen die kurdische Opposition eingesetzt wird. Oftmals ergeben sich daraus widersprüchliche Aussagen, die von der Verteidigung vor Gericht widerlegt werden können. Der anonyme Zeuge „Ulaş" hatte im Ermittlungsverfahren ausgesagt, dass das KCK-Pressekomitee von Mustafa Karasu geleitet wird und Sedat Yılmaz in diesem Zusammenhang illegal die türkisch-irakische Staatsgrenze überquert habe, um Karasu in der Guerillaregion Xakurke zu treffen. Bei seiner Anhörung vor Gericht sagte der Kronzeuge heute, Yılmaz sei mit dem Flugzeug aus der Türkei in die Kurdistan-Region Irak gekommen. Rechtsanwältin Şule Recepoğlu teilte dazu mit, dass ihr Mandant in der Zeit der „Friedensverhandlungen“ zwischen 2013 und 2015 ein Interview mit Mustafa Karasu geführt habe. Die Verteidigerin reichte das Interview als Beweismittel ein und sagte, dass viele Journalist:innen in dieser Zeit für Reportagen im Guerillagebiet waren. Die Verhandlung wurde auf den 29. Februar 2024 vertagt.

Die Nachrichtenagentur MA wird wie alle Medien in der Tradition der freien kurdischen Presse systematisch ohne Beweise kriminalisiert. Der im April festgenommene MA-Korrespondent Abdurrahman Gök ist vergangene Woche aus der Untersuchungshaft entlassen worden, der fingierte Prozess gegen ihn wird fortgesetzt. Die zusammen mit Sedat Yılmaz verhaftete MA-Redakteurin Dicle Müftüoğlu hingegen muss vorerst wegen vermeintlicher Fluchtgefahr in Untersuchungshaft bleiben.