In Amed (tr. Diyarbakir) ist der Prozess gegen den kurdischen Journalisten Abdurrahman Gök fortgesetzt worden. Ihm drohen bis zu zwanzig Jahre Freiheitsstrafe wegen vermeintlicher Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung. Der Korrespondent der Nachrichtenagentur MA hatte 2017 mit seiner Kamera dokumentiert, wie der Student Kemal Korkut bei einer Newrozfeier in Amed von einem Polizisten erschossen wurde.
Gök nahm mit seinen Verteidigern Resul Tamur und Mehmet Emin Aktar an der Gerichtsverhandlung teil. Der Prozess wurde Kolleginnen und Kollegen beobachtet, unter anderem der Ko-Vorsitzenden des Journalistenvereins Dicle-Firat (DFG), Dicle Müftüoğlu.
Die Anklage gegen Gök geht auf ein Ermittlungsverfahren von Oktober 2018 zurück. Der oberste Staatsanwalt in der kurdischen Widerstandshochburg hatte damals etwa 200 Objekte kurdischer Organisationen, Medieneinrichtungen und Parteiräume durchsuchen und 141 Personen festnehmen lassen. Gegen 25 von ihnen erging später wegen vage formulierten Terrorvorwürfen Haftbefehl. Auch Gök war damals in Gewahrsam genommen worden, kam nach vier Tagen aber wieder auf freien Fuß. Das Gericht verhängte eine Ausreisesperre gegen ihn.
Kemal Kurkut war 23, als er erschossen wurde. Sein Mörder wurde inzwischen freigesprochen
Die Anschuldigungen gegen den Journalisten basieren auf Aussagen eines sogenannten „anonymen Zeugen“, der vermutlich aus dem staatlichen Kronzeugenpool stammt, auf den in allen Prozessen gegen Oppositionelle und kritische Medienschaffende zurückgegriffen wird. Gök wies vor Gericht darauf hin, dass die angeblichen Erkenntnisse des Zeugen über seine Arbeit als Journalist und seinen Universitätsabschluss kein Geheimnis und jederzeit durch eine einfache Internetrecherche zugänglich seien. Weiter erklärte er: „Laut der Aussage des geheimen Zeugen habe ich die Fotos von Kemal Kurkut auf Anweisung geschossen. Als ob ich mich mit Kemal darauf verständigt hätte, ihn zu fotografieren, während der Polizist ihn ermordet. Diese Aussage weise ich zurück.“
Rechtsanwalt Mehmet Emin Akar ergänzte, dass er in vielen Strafverfahren mit ähnlich absurden Aussagen anonymer Zeugen zu tun hat. Der zweite Verteidiger Resul Tamur ging auf den Part in der Zeugenaussage ein, in dem behauptet wird, dass sein Mandant 2016 und 2017 in Amed-Sûr für „die Organisation“ tätig gewesen sei. In dieser Zeit habe Gök als Journalist im Irak gearbeitet und dafür auch einen Aufenthaltstitel bekommen, was bereits in die Gerichtsakte eingegangen sei.
Der Prozess wurde auf den 30. September vertagt, voraussichtlich wird dann die Staatsanwaltschaft plädieren.