Staatlicher Mord an Journalistin Gulîstan Tara
Die erste 2025-Ausgabe der „iz3w – Zeitschrift zwischen Nord und Süd“ beinhaltet unter dem Titel „Trotz alledem – Kritischer Journalismus“ ein aktuelles Dossier zum Schwerpunktthema. Die Autorin Anni Eble dokumentiert hierin in dem Artikel „Ein Akt von Staatsterrorismus – Kurdische Journalist*innen im Visier staatlicher Verfolgung“ die systematische Repression kurdischer Journalist:innen sowie gezielte Morde durch das türkische Militär. Ihrer Analyse zufolge ist dieses Vorgehen „ein fester Bestandteil der türkischen Kriegsstrategie“, welche unter dem Vorwand des Kampfes gegen die PKK gegen die freie Presse geführt werde. Insbesondere nimmt Anni Eble den irakischen Teil Kurdistans in den Blick, der „sich 2024 zu einem der tödlichsten Orte für Journalist*innen gewandelt“ habe.
Gulîstan Taras Konterfei symbolisch für kritischen Journalismus
Auf dem Cover der neuen iz3w-Ausgabe ist Gulîstan Tara zu sehen. Gulîstan Tara und Hêro Bahadîn wurden am 23. August 2024 durch einen gezielten Drohnenangriff des türkischen Militärs auf ihr Fahrzeug im Bezirk Seyîdsadiq (Südkurdistan) ermordet. Die beiden kurdischen Journalistinnen berichteten regelmäßig über Kriegsverbrechen des NATO-Partners Türkei.
Nur wenige Tage nachdem der Themenschwerpunkt unter dem aktuellen Cover veröffentlicht wurde, wird die Ermordung der kurdischen Journalist:innen Nazım Daştan und Cihan Bilgin am 19. Dezember 2024 in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien bekannt. Sie wurden bei einem Angriff einer türkischen Drohne auf der Straße zwischen dem Tişrîn-Staudamm und der Gemeinde Sirîn getötet. Beide Journalist:innen arbeiteten seit vielen Jahren für kurdische Medien und berichteten zuletzt von der Front am Euphrat über die Angriffe der türkischen Armee und der Dschihadistenmiliz SNA auf die selbstverwaltete Region.
Irakisch-Kurdistan einer der gefährlichsten Orte für Medienschaffende
Während der türkische Staat mit Killer-Drohnen die kritische Presse auszulöschen versucht, steht der irakische Staat in der Kritik verschiedener Medien- und Presseverbände, da er weder die Tötungen konsequent verurteile noch sich für ernsthafte Ermittlungen einsetze. Wie neben Anni Eble bspw. auch Reporter ohne Grenzen benennt, ist die Kurdistan-Region im Irak einer der gefährlichsten Orte für Medienschaffende. Immer wieder gibt es Meldungen über das Verschwinden von Journalist:innen, ihre Inhaftierung, über fehlenden Rechtsbeistand, unfaire Prozesse und hohe Haftstrafen. Kurdische Journalist:innen stehen hierbei besonders im Fokus der Repression.
Anni Eble stellt mehrere solcher Fälle der letzten Jahre vor. Umklammert wird diese Dokumentation von einer Einordnung in das interessengeleitete Vorgehen verschiedener Akteure vor Ort. Sichtbar wird dabei, dass eine freie und kritische Berichterstattung unerwünscht zu sein scheint und äußerste Mittel ergriffen werden, um diese zu verhindern.
Themenschwerpunkt weltweit und breit aufgestellt
Die iz3w-Redaktion sieht den kritischen Journalismus durch unterschiedliche Faktoren vor existenziellen Herausforderungen und leitet das gesamte Dossier wie folgt ein: „Dieses Dossier widmet sich der Frage, wie kritischer Journalismus heute weltweit aussieht. Welche Rolle spielt er in autoritären Ländern? Wieso machen wir trotz alledem weiter?“ Unter diesen Fragen finden sich Artikel zu den Themen: Rechte Beanspruchung der „Gegenöffentlichkeit“; Bedeutung antifaschistischer Recherche für die journalistische Praxis; unabhängiger Journalismus unter den Taliban in Afghanistan; Bedeutung sozialer Medien für den Journalismus; Kritischer Journalismus im Iran; Pressefreiheit in Israel und den besetzten Gebieten.