„Halten Sie Öcalan für einen ehrenwerten Widerstandskämpfer?"

Gegen die in Amed zusammen mit 21 weiteren Frauen festgenommene Journalistin Beritan Canözer ist Haftbefehl beantragt worden. Im Polizeiverhör wurden ihr merkwürdige Fragen gestellt.

Die kurdische Journalistin Beritan Canözer ist am Montag zusammen mit 21 weiteren Frauen in Amed (tr. Diyarbakir) festgenommen worden. Die Ermittlungsakte steht unter Geheimhaltung, vorgeworfen wird der Korrespondentin der Frauennachrichtenagentur JinNews die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Zusammenhang mit der PKK. Die Staatsanwaltschaft hat Haftbefehl beantragt.

Im Polizeiverhör sind der Journalistin merkwürdige Fragen gestellt worden. Unter anderem sollte sie aussagen, ob der PKK-Gründer Abdullah Öcalan ihrer Meinung nach ein „ehrenwerter Widerstandskämpfer“ ist. Die Ermittler wollten außerdem wissen, warum sie die Repression gegen die kurdische Frauenbewegung als „politischen Vernichtungsfeldzug“ bezeichnet.

Die Vorwürfe gegen Canözer betreffen vor allem ihre journalistische Arbeit. Ihr wird zur Last gelegt, als Journalistin eine von der HDP-Vorsitzenden Pervin Buldan abgegebene Erklärung zur Verhaftung der kurdischen Politikerin Leyla Güven verfolgt zu haben. Ein anderer Vorwurf betrifft einen Beitrag zum Tag gegen Gewalt an Frauen am 25. November bei Jin TV. Die öffentlich bekannte Tatsache, dass Beritan Canözer bei der inzwischen verbotenen Nachrichtenagentur JINHA gearbeitet hat, wird als Ermittlungsergebnis dargestellt, das sich aus der Aussage eines anonymen Zeugen ergibt.

Beritan Canözer ist nicht das erste Mal im Visier der türkischen Sicherheits- und Justizbehörden. Seit ihrem 19. Lebensjahr arbeitet die heute 26-Jährige für die feministisch-kurdische Presse. Ende 2015 wurde sie zum ersten Mal unter Terrorvorwürfen verhaftet. Zur Begründung hieß es, sie habe sich „zu aufgeregt” gezeigt, als sie eine Protestkundgebung beobachtete. Nach drei Monaten in Untersuchungshaft kam sie frei. Der wegen vermeintlicher PKK-Mitgliedschaft angestrengte Prozess endete 2017 mit einem Freispruch. Im Juni vergangenen Jahres wurde Beritan Canözer wegen „Propaganda für eine Terrororganisation” zu fast zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die einzige Grundlage für das Strafmaß bildeten ein Like sowie vier Kommentare beim Kurznachrichtendienst Twitter.