In den vergangenen elf Monaten wurden in der Türkei 34 Journalist:innen kurdischer Medien inhaftiert. Bei einer von Amed (tr. Diyarbakır) ausgehenden Operation wurden am 25. April in 21 Provinzen die Wohnungen von Journalist:innen, Jurist:innen, Politiker:innen, Künstler:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft gestürmt, 145 Personen festgenommen und 51 verhaftet. Unter den Inhaftierten befinden sich der Redakteur der Nachrichtenagentur Mezopotamya (MA), Abdurrahman Gök, die JinNews-Korrespondentin Berîtan Canözer und die Journalisten Mehmet Şah Oruç, Remzi Akkaya und Mikail Barut. Ihnen wird „Mitgliedschaft in einer Terrororganisation“ vorgeworfen, gemeint ist die PKK. Kadri Esen, Konzessionär der kurdischen Zeitung Xwebûn, Osman Akın, Chefredakteur der Zeitung Yeni Yaşam, sowie die Journalisten Ahmet Kanbal, Salih Keleş, Kadir Bayram und Mehmet Yalçın, die bei der gleichen Aktion festgenommen worden waren, wurden wieder freigelassen.
Nach der von Amed ausgehenden Operation erfolgte ein weiterer Angriff. Diesmal gingen die Razzien von Ankara aus. Im Rahmen dieses Verfahrens wurden 19 Personen festgenommen: Fünf von ihnen wurden verhaftet, darunter Dicle Müftüoğlu, Ko-Vorsitzende der Journalistenvereinigung Dicle Fırat (DFG), und der MA-Redakteur Sedat Yılmaz. Der Haftbefehl erging am 3. Mai, dem Welttag der Pressefreiheit.
„Das Regime fürchtet die Wahrheit“
Roza Metina hat sich als Sprecherin der Journalistinnenplattform Mesopotamiens (MKGP), Redakteurin der Frauennachrichtenagentur JinNews und PEN-Mitglied gegenüber ANF zu der Repression gegen die kurdischen Medien geäußert. Sie sagt, dass das Regime in der Türkei sich „im Krieg mit der Demokratie befindet" und Gefangene misshandelt und bedroht werden. Die Regierung wolle die gesamte Gesellschaft unter ihre Kontrolle bekommen und versuche, die Menschen durch Verhaftungen und Folter einzuschüchtern. „Mit der Inhaftierung von Journalistinnen und Journalisten soll verhindert werden, dass sich die Öffentlichkeit der Realität bewusst wird. Die AKP/MHP-Regierung will verhindern, dass ihre schmutzigen Praktiken aufgedeckt werden. Deshalb ist sie so sehr auf die freie Presse fixiert. Die Regierung hat einen großen Teil der Medien in der Türkei unter ihre Kontrolle gebracht, um die gesamte Gesellschaft zu kontrollieren. Deswegen gehen die politischen Vernichtungsoperationen weiter. Dicle Müftüoğlu, Ko-Vorsitzende des Journalistenverbands Dicle Firat, wurde festgenommen und in Handschellen von Amed nach Ankara gebracht. Das Ziel ist es, Journalist:innen durch Folter und Repression einzuschüchtern. Als Vertreter:innen der freien Presse werden wir niemals nachgeben, wir werden weiter dafür kämpfen, unserem Volk die Wahrheit aufzuzeigen.“
„Insbesondere Journalistinnen befinden sich im Fokus“
Das Regime habe insbesondere vor dem Frauenkampf große Furcht, sagt Roza Metina und führt aus: „Die Journalistinnen leisten Widerstand. Sie werden beleidigt, bedroht und in allen Bereichen mit Repression überzogen. Trotz alledem setzen sie ihre Arbeit fort. Sie sagen: ‚Wir werden die Feder unserer verhafteten Kolleginnen und Kollegen nicht liegen lassen, wir werden ihre Arbeit fortsetzen und für sie Widerstand leisten.‘ Im vergangenen Jahr wurden am 8. Juni 22 Medienschaffende festgenommen, 16 Journalist:innen wurden nach einer Woche in Polizeigewahrsam inhaftiert. Erst zehn Monate später wurden die Anklage gegen sie vorbereitet. Am 22. Oktober wurden erneut viele Journalist:innen in Ankara verhaftet. Auf diese Verhaftungen folgten viele weitere Inhaftierungen von Journalist:innen, Politiker:innen, Rechtsanwält:innen, Schriftsteller:innen und Künstler:innen. Mit diesen Operationen will die Regierung das von ihr gewünschte Ergebnis bei den Wahlen am 14. Mai erzwingen. Ziel dieser politischen Vernichtungsoperationen ist es, zu verhindern, dass die Öffentlichkeit von den schmutzigen Tricks, die die Regierungspartei bei den bevorstehenden Wahlen anwenden wird, erfährt. Diese Operationen zielen nicht nur auf die Wahlen, sondern sind Teil der Unterdrückung des Freiheitskampfes des kurdischen Volkes.“
„Unterstützt die freie Presse“
Metina schließt mit den Worten: „Es ist ein großes Unrecht, dass Journalist:innen für die Ausübung ihres Berufs im Gefängnis sitzen. Die AKP/MHP-Regierung tritt das Gesetz mit Füßen. Sie setzt die Justiz als Knüppel ein. Die Journalist:innen leisten in allen Bereichen Widerstand gegen dieses Unrecht. Deshalb ist der ihr Widerstand sehr wichtig und bedeutungsvoll. Aus diesem Grund sollten alle die freie Presse unterstützen. Journalist:innen zu unterstützen bedeutet, für die eigene Würde, Zukunft, Sprache und das eigene Leben einzutreten. Deshalb sollten alle für die Journalist:innen eintreten.“