Am 29. April wurden auf Anordnung der Generalstaatsanwaltschaft Ankara in 15 verschiedenen Städten in der Türkei gleichzeitig Razzien durchgeführt, bei denen unter anderem Dicle Müftüoğlu, Ko-Vorsitzende der Journalistenvereinigung Dicle Fırat (DFG), und Sedat Yılmaz, Redakteur der Agentur Mezopotamya (MA), mit seiner Ehefrau Selma Yılmaz in Amed (tr. Diyarbakir) festgenommen wurden. Filiz Yılmaz, die Schwester von Sedat Yılmaz, wurde in Istanbul festgenommen. Alle Festgenommenen wurden nach Ankara gebracht. Zugang zu einem Rechtsbeistand wurde ihnen erst nach Ablauf einer 24-Stunden-Frist gewährt.
Das „Ermittlungsverfahren“ im Vorfeld der Wahlen in der Türkei richtet sich gegen insgesamt 49 Personen. Nur zwei Tage zuvor sind mit Beritan Canözer, Mehmet Şah Oruç, Abdurrahman Gök und Remzi Akkaya vier weitere kurdische Medienschaffende in Amed wegen Unterstützung der PKK verhaftet worden.
Die Journalist:innen Yılmaz und Müftüoğlu berichteten ihren Anwält:innen, dass sie bei dem Transport nach Ankara 15 Stunden lang mit Handschellen gefesselt waren und 24 Stunden lang nichts zu essen bekamen. Sedat Yılmaz wurde von den ihn begleitenden Polizisten misshandelt und gegen den Kopf getreten. Seinen Angaben zufolge wurde ihm nahegelegt, sich als Agent für die Polizei zu betätigen. Seine Rechtsanwältin Şule Recepoğlu hat Strafanzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft Ankara eingereicht.
Yılmaz und Müftüoğlu haben in Polizeigewahrsam zur Verteidigung der Pressefreiheit aufgerufen. Wie Dicle Müftüoğlu gegenüber ihrem Rechtsbeistand erklärte, werde die journalistische Arbeit kurdischer Medien seit Jahren kriminalisiert. Nach Angaben des DFG sind in den vergangenen zehn Monaten dreißig kurdische Journalist:innen verhaftet worden. „Wir rufen alle Kolleginnen und Kollegen auf, die Pressefreiheit gegen diese Verdunkelungsoperationen zu verteidigen“, ließ die Journalistin über ihren Rechtsbeistand ausrichten.
Auch Sedat Yılmaz forderte Solidarität von Medienschaffenden ein. Es gehe ihm gut und für ihn komme es nicht in Frage, sich mafiösen Strukturen und Drogenbaronen zu beugen und seine Arbeit aufzugeben. „Meine Frau, meine Schwester und ich sind in Gewahrsam. Unsere 13-jährige Tochter mussten wir in Diyarbakır bei Bekannten zurücklassen. Ich sende allen meine Grüße und Liebe“, so der Journalist.