Die Zustände für Schutzsuchende in Griechenland sind unhaltbar. Das hat der Brand auf Moria im September gezeigt. Die Bedingungen im Ersatzlager auf Kara Tepe auf Lesbos gelten sogar als noch schlimmer als in dem niedergebrannten Massenlager. Die Schutzsuchenden sind dort Wind und Wetter schutzlos ausgeliefert, es mangelt an Toiletten und sanitären Einrichtungen und viele der Menschen müssen auf dem nackten Boden campieren. Massive Proteste nötigten die Bundesregierung dazu, wenigstens der Aufnahme von bis zu 2.750 Schutzsuchenden aus Griechenland zuzustimmen. Dabei handelt es sich um rund 200 unbegleiteten minderjährige Geflüchtete, sowie 243 behandlungsbedürftigen Kinder mit ihren engsten Familienangehörigen sowie insgesamt 408 Familien (1.553 Personen), die dort bereits internationalen Schutz erhalten haben.
Pro Asyl kritisiert diese Aufnahmezusagen als „beschämend gering“ und erklärt, „Politisch beinhalten sie jedoch auch das implizite Eingeständnis der Bundesregierung, dass die Lebensbedingungen für Schutzsuchende und anerkannte Flüchtlinge in Griechenland menschenunwürdig und unzumutbar sind.“
Trotz Evakuierung gehen Abschiebungen weiter
Trotz dieses Eingeständnisses der Zustände in Griechenland, das dazu führt, dass Schutzsuchende aus Griechenland aufgrund katastrophaler humanitärer Bedingungen quasi evakuiert werden, gehen die Abschiebungen nach Dublin-Verordnung weiter. Das heißt, wer in Griechenland registriert wurde und aus eigener Kraft in Deutschland ankommt, soll wieder dorthin abgeschoben werden.
Pro Asyl erklärt: „Umso widersinniger und zynischer mutet der Umgang deutscher Behörden mit Menschen an, die angesichts der elendigen Verhältnisse in Griechenland ihr Glück selbst in die Hand nehmen und eigenständig weiter nach Deutschland fliehen. Stellen sie hier einen Asylantrag, lehnt das zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) diesen in aller Regel als unzulässig ab und ordnet bzw. droht die Abschiebung nach Griechenland an.“ Pro Asyl wirft dem BAMF vor, „systematisch die Realität der unzumutbaren Verhältnisse für Asylsuchende und Schutzberechtigte“ zu verkennen.
Obdachlosigkeit in Griechenland
Schutzsuchende, die aus Deutschland nach Griechenland abgeschoben werden, und bereits einen Status haben, landen in der Obdachlosigkeit und erhalten keinerlei Zugang, auch nicht zur elementarsten Versorgung. Eine Abschiebung nach Griechenland widerspricht offensichtlich den Menschenrechten.
„Rechte statt Kontingente“
Pro Asyl fordert Schutzsuchende, die aus eigener Kraft über Griechenland nach Deutschland gekommen sind, genauso zu behandeln, wie diejenigen, die aus Griechenland ausgeflogen werden: „Solange Menschen, die in einem EU-Mitgliedsstaat internationalen Schutz erhalten haben, freizügigkeitsberechtigten EU-Bürger*innen nicht gleichgestellt sind, bedeutet das konkret, dass zunächst Abschiebungen nach Griechenland komplett gestoppt werden müssen.“ Die NGO fordert eine Übernahme der Asylverfahren durch das BAMF und „pragmatische Lösungen“ für in Griechenland bereits anerkannte Flüchtlinge, damit diese in Deutschland einen Status erhalten können.