Das Rettungsschiff „Sea-Eye 4“ ist am Samstag vom spanischen Hafen in Burriana zum ersten Mal in den Einsatz aufgebrochen und wird das Such- und Rettungsgebiet im zentralen Mittelmeer voraussichtlich in fünf Tagen erreichen. Unterstützt wird der humanitäre Einsatz der Sea-Eye 4 auf dem Mittelmeer von United4Rescue, dem Bündnis für die zivile Seenotrettung, und der Hilfsorganisation German Doctors.
United4Rescue finanziert Missionskosten
Wie es in einer gemeinsamen Mitteilung heißt, unterstützt United4Rescue die Missionen der Sea-Eye 4 mit weiteren 423.000 Euro und ermöglicht so die Erweiterung der zivilen Rettungskapazitäten im Mittelmeer. Zuvor hatte United4Rescue bereits maßgeblich den Kauf und Umbau des Schiffes finanziert. Die Sea-Eye 4 ist bereits das zweite Bündnisschiff von United4Rescue.
„Wir sind unserem Bündnispartner United4Rescue sehr dankbar, dass sie uns weiter unterstützen. Dank der Hilfe von United4Rescue konnte die Sea-Eye 4 heute ins Einsatzgebiet aufbrechen. Mehr als 600 Menschen sind in den vergangenen vier Monaten an Europas Außengrenze ertrunken. Italienische Wissenschaftler:innen zeigten kürzlich, dass die EU-Mitgliedsstaaten zuließen, dass das Risiko, auf See zu sterben, wieder deutlich gestiegen ist. Wir brauchen endlich sichere Fluchtrouten“, erklärt Gorden Isler, Vorsitzender der Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye, laut Mitteilung.
United4Rescue-Vorstandsmitglied Michael Schwickart äußert, dass das schlimme Bootsunglück Ende April und die vielen Rettungen der Sea-Watch 4 und der Ocean Viking in den vergangenen Wochen wieder einmal eindrucksvoll gezeigt hätten, dass die zivile Seenotrettung im Mittelmeer unverzichtbar sei. „Wir sind stolz und glücklich, dass die Sea-Eye 4 mit unserer Unterstützung heute in ihren ersten Einsatz starten konnte“, so Schwickart.
Die Sea-Eye 4 beim Verlassen des Rostocker Werfthafens auf dem Weg ins Mittelmeer | © Maik Lüdemann
Neue Kooperation zwischen German Doctors und Sea-Eye
Um im Mittelmeer aus Seenot gerettete Geflüchtete medizinisch besser versorgen zu können, sind German Doctors e.V. und Sea-Eye eine Kooperation eingegangen. So ist bei der aktuellen Mission mit dem Internisten und Einsatzarzt Stefan Mees erstmals ein German Doctor an Bord. „Jedes Menschenleben ist kostbar und keines sollte in den Wassern des Mittelmeeres verloren gehen. Zudem wird aktuell nur durch die zivile Seenotrettung das Bewusstsein wachgehalten, dass an den europäischen Außengrenzen etwas Furchtbares passiert, das nicht mit europäischen Werten übereinstimmt“, begründet Mees sein ehrenamtliches Engagement. German Doctors ist Mitglied im Bündnis United4Rescue und machte sich schon in der Vergangenheit für die zivile Seenotrettung stark. Durch die Kooperation mit Sea-Eye bringt der Verein sich nun auch operativ auf der Sea-Eye 4 ein. „Auch in den Zeiten der Pandemie dürfen wir den Blick nicht dafür verlieren, dass weiterhin Menschen auf den gefährlichen Seerouten ihr Leben riskieren, um vor Not, Elend und Verfolgung in ihren Herkunftsländern zu flüchten. Es ist unsere Verantwortung, dass wir uns auch auf dem Mittelmeer den Menschen in ihrer verzweifelten Situation annehmen und ihnen medizinische Erstversorgung auf der Sea-Eye 4 anbieten“, erklärt Dr. Christine Winkelmann aus dem Vorstand von German Doctors.
Isler: Medizinische Versorgung an Bord professionalisieren
Die 1972 gebaute Sea-Eye 4 ist mit ihren 53 Metern das bisher größte Schiff, das von den Seenotretter:innen in den Einsatz entsendet wird. Dadurch ist es in der Lage, deutlich mehr Menschen eine Erstversorgung zu bieten als die bisherigen Rettungsschiffe von Sea-Eye. „Deshalb ist es für uns sehr wichtig, auch die medizinische Versorgung an Bord weiter zu professionalisieren“, sagt Gordon Isler. Die medizinische Erfahrung von German Doctors helfe dabei. Außerdem bereite es Freude, dass Sea-Eye mit der Organisation einen weiteren, starken Bündnispartner an der Seite hat, der operative Unterstützung leistet.
Zusätzliches Rettungsschiff wird dringend benötigt
Nach Angaben von Sea-Eye seien in diesem Jahr bis heute mindestens 616 Menschen auf der Flucht über das Mittelmeer ertrunken. Die EU-Staaten setzten „Ertrinken lassen“ und die sogenannte libysche Küstenwache weiterhin als „Werkzeug“ ein, um schutzsuchenden Menschen ihre Rechte zu verwehren. Mit der Sea-Eye 4 stelle sich die Regensburger Hilfsorganisation dem Sterben auf der „tödlichsten Fluchtroute der Welt“ entgegen und werde so viele Menschen wie möglich vor dem Ertrinken oder der Rückführung in libysche Internierungslager retten.