Die Regensburger Seenotrettungsorganisation Sea-Eye hat am Sonntag in Rostock ihr viertes Schiff getauft. Die „Sea-Eye 4” ist das zweite Bündnisschiff, das maßgeblich durch das von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) initiierte zivile Seenotrettungsbündnis United4Rescue finanziert worden ist. Seit Oktober 2020 wird die Sea-Eye 4 von hunderten Ehrenamtlichen zum Rettungsschiff umgebaut und soll im Frühjahr in den Einsatz starten.
Die Taufe wurde von Bundestagsvizepräsidentin und Grünenpolitikerin Claudia Roth eröffnet, als Taufpate agierte Alpha Jor Barry. Der inzwischen 18-Jährige aus Sierra Leone gehört zu den ersten siebzehn Menschen, die Ende 2018 durch die „Alan Kurdi“ im Mittelmeer gerettet worden sind. „Wenn die Alan Kurdi mich damals nicht gefunden hätte, wäre ich nicht mehr am Leben. Ein Sturm zog auf, den wir in unserem kleinen Holzboot nicht überlebt hätten. Ich freue mich sehr, dass Sea-Eye ein größeres Schiff in den Einsatz bringt, um noch mehr Menschen zu retten. Ich weiß, was es bedeutet, auf hoher See in einem kleinen Boot zu treiben. Ich wünsche jedem, dass ihm*ihr in so einer Situation Hilfe geleistet wird“, sagte Alpha Jor Barry laut Mitteilung bei der Taufe.
Taufe der „Sea-Eye 4” | Foto: Katarzyna Gmitrzak / Sea-Eye
Roth: Zivile Seenotretter halten Grundwerte von EU hoch
Claudia Roth sagte, die Schiffstaufe sei ein wichtiges Zeichen für Solidarität, Humanität und das praktische Eintreten für Menschenrechte. „Da, wo die europäischen Regierungen ihrer Verantwortung nicht nachkommen, sind es die zivilen Seenotretterinnen und Seenotretter, die die Grundwerte der Europäischen Union und die Menschenrechte hochhalten”, erklärte die Grünenpolitikerin. Roth ist selbst Mitglied von Sea-Eye. „Den vielen Engagierten auf See, die sich jeden Tag mutig und unbeirrt dafür einsetzen, Menschenleben zu retten, gilt mein höchster Respekt und Dank.” Michael Schwickart, Vorsitzender von United4Rescue fügte hinzu: „Hinter der Sea-Eye 4 stehen die über 700 Organisationen, die unser Bündnis United4Rescue versammelt und tausende von Spenderinnen und Spendern, die nicht tatenlos zuschauen wollen, wenn Menschen ertrinken. Auch dieses zweite Bündnisschiff schicken wir gemeinsam mit vielen.“
169 Menschen seit Jahresbeginn ertrunken
In diesem Jahr sind laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) bereits 169 Menschen bei ihrer Flucht über das Mittelmeer ums Leben gekommen. „Die EU-Mitgliedsstaaten setzen weiterhin auf Abschottung und schaffen damit die tödlichste Grenze der Welt. Zeitgleich ermittelt die EU gegen die eigene Grenzschutzagentur Frontex wegen schwerster Menschenrechtsverletzungen”, kritisiert Sea-Eye.