Zum 740. Mal hat heute die Kundgebung der Samstagsmütter stattgefunden. Seit 24 Jahren kämpft die Initiative gegen das „Verschwindenlassen“ nach der Festnahme und fordert die Verurteilung der Täter. Ihren angestammten Kundgebungsort, den Galatasaray-Platz, durften die Samstagsmütter nicht betreten und trafen sich stattdessen vor dem Menschenrechtsverein IHD. Unterstützt wurden die Frauen von zahlreichen Abgeordneten, darunter auch die HDP-Vorsitzenden Pervin Buldan und Sezai Temelli.
Der Mann von Pervin Buldan war einer der drei kurdischen Geschäftsmänner, deren Schicksal bei der heutigen Kundgebung thematisiert wurde. Savaş Buldan wurde zusammen mit Adnan Yıldırım und Hacı Karay am 3. Juni 1994 vor einem Hotel in Istanbul festgenommen. Die Behörden behaupteten hinterher, es habe keine Festnahme stattgefunden. Einen Tag später wurden ihre Leichen in 270 Kilometern Entfernung in Bolu von Dorfbewohnern aufgefunden. Die Männer waren gefoltert und erschossen worden. Für ihren Tod wird der damalige Polizeichef und spätere Innenminister Mehmet Ağar verantwortlich gemacht. Wie sich später herausstellte, befanden sich ihre Namen auf einer Todesliste kurdischer Geschäftsleute. Bis heute ist niemand für ihre Ermordung verurteilt worden.
Die HDP-Abgeordnete Pervin Buldan erklärte auf der Kundgebung, dass sie seit 25 Jahren für Gerechtigkeit kämpfe: „Wir haben uns an alle in Frage kommenden Stellen gewandt. Es gibt keine Tür, an die wir nicht geklopft hätten. Überall sind wir auf dicke Mauern gestoßen. Wir sind mit einem System konfrontiert, das nichts sagen, nichts sehen und nichts hören will. Seit 25 Jahren hat sich nichts daran geändert. Wir kennen die Täter und wissen genau, dass es sich um staatliche Morde handelt. Die Täter werden weiterhin geschützt.“
Zu der von Erdoğan verkündeten Justizreform erklärte Buldan, dass sie keine positiven Entwicklungen dadurch erwarte. Das Reformpaket müsse auch die Frage extralegaler Hinrichtungen und der in staatlichem Gewahrsam Verschwundenen behandeln, so die HDP-Vorsitzende.