Migrationsbeirat München fordert Schutz für ezidische Geflüchtete

Tausenden ezidischen Schutzsuchenden droht die Abschiebung in den Irak. Der Migrationsbeirat München setzt sich für einen Abschiebestopp geflüchteter Ezid:innen ein und warnt vor einer faktischen Fortsetzung des Völkermords.

Der Migrationsbeirat München verurteilt Abschiebungen ezidischer Geflüchteter aus Deutschland und weist darauf hin, dass der Bundestag vor einem Jahr die systematische Verfolgung und Ermordung der Ezid:innen im Nordirak seit 2014 durch die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) als Völkermord eingestuft hat: „Mit dieser Entscheidung stellte sich der Bundestag einstimmig an die Seite der Jesid:innen. Umso verstörender ist es für den Migrationsbeirat zu hören, dass seit einigen Monaten vermehrt schutzsuchende Jesid:innen systematisch aus Deutschland in den Irak abgeschoben werden.“

Zum Hintergrund erklärt der Migrationsbeirat: „Am 3. August 2014 überfiel die Terrormiliz IS das jesidische Siedlungsgebiet Şengal und verübte einen Völkermord und Femizid an den Jesid:innen. Der sogenannte IS ermordete über 10.000 Menschen und mehr als 400.000 Menschen wurden vertrieben. Über 5.000 Frauen und Mädchen wurden versklavt, von rund 2.700 Frauen und Mädchen fehlt bis heute jede Spur. Seit 2014 haben zehntausende schwer traumatisierte Jesid:innen in Deutschland Zuflucht gefunden und sich eine neue Existenz aufgebaut. Trotzdem werden seit Mai 2023 Jesid:innen systematisch in den Irak abgeschoben.“

Abschiebungen moralisch nicht vertretbar

Mit rund 250.000 Angehörigen lebt die größte ezidische Exil-Gemeinde in Europa in Deutschland. Offizielle Zahlen dazu, wie viele Ezidinnen und Eziden aus Deutschland abgeschoben wurden, gibt es nicht. Pro Asyl schätzt, dass derzeit 5.000 bis 10.000 ezidische Menschen aus dem Irak ausreisepflichtig und von Abschiebungen bedroht sind. Davon seien auch Münchner:innen betroffen, erklärt der Migrationsbeirat und fordert:

„Die Ausweisung und Abschiebehaft von schutzsuchenden Jesid:innen ist unserer Ansicht nach skandalös und moralisch nicht vertretbar. Bei einer Rückkehr droht vielen Jesid:innen die faktische Fortsetzung des Völkermords, da sie allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Religionsgemeinschaft in hohem Maße von Verfolgung bedroht sind. Es ist an der Zeit, dass den Versprechen von damals Taten folgen. Die Bundesrepublik Deutschland sollte ein sicherer Zufluchtsort für Jesid:innen sein. Unsere Erwartung an die Verantwortlichen in der Politik: Bitten setzen Sie sich aktiv für einen sofortigen und bundesweiten Abschiebestopp von Jesid:innen ein!“

Migrationsbeirat München: Modellhaft für Toleranz und Völkerverständigung

Der Migrationsbeirat der Landeshauptstadt München besteht aus 50 nichtdeutschen oder eingebürgerten Münchnerinnen und Münchnern. Sie vertreten ehrenamtlich die politischen Interessen der ausländischen Bevölkerung. Da in dem Migrationsbeirat Mitglieder aus unterschiedlichen politischen Listen und Nationen zusammenarbeiten, steht er laut Eigendarstellung auch modellhaft für Toleranz und Völkerverständigung.

Anmerkung zur Schreibweise: Im deutschen Sprachraum ist Jesidin/Jeside gebräuchlich. Viele Organisationen nutzen als Eigenbezeichnung „êzîdisch“, während ANF in der Regel „ezidisch“ schreibt.

Foto: Şengal, Mai 2021