Kein Medikament für schwer kranken politischen Gefangenen

Obwohl der politische Gefangene Hilmi Karaoğlan an einer lebensbedrohlichen Krankheit leidet, wird ihm seit einem Monat von den türkischen Behörden eine lebensnotwendige Medikation verweigert.

Am 23. Mai wurde Hilmi Karaoğlan im Rahmen einer Operation gegen den Demokratischen Kongress der Völker (HDK) festgenommen und zusammen mit 24 weiteren Aktivist:innen inhaftiert. Er befindet sich im Gefängnis in Tekirdağ in der Westtürkei. Seitdem verschlechtert sich der Gesundheitszustand Karaoğlans rapide. Das liegt vor allem an der Verweigerung lebensnotwendiger Medikamente. Der 68-Jährige leidet an einem 80-prozentigen zerebrovaskulären Verschluss. Das bedeutet, dass ein Hirnschlag droht, wenn das Blut nicht ausreichend verdünnt wird. Außerdem leidet er an Lungenverkalkung, Nierenproblemen und Organversagen.

Alle 15 Tage medizinische Kontrolle notwendig

Karaoğlans Sohn, Serkan Karaoğlan, berichtete gegenüber der Nachrichtenagentur Mezopotamya, dass sein Vater viele Jahre lang politisch aktiv gewesen sei, aber aufgrund seiner Krankheiten vor fünf bis sechs Jahren seine Aktivitäten einstellen musste. Karaoğlan erklärte, dass sein Vater einen Bypass und viele Herzkatheter hinter sich habe, und führte aus: „Er verbringt etwa 16 bis 17 Stunden erschöpft im Bett. Er bekommt 7 bis 8 Stunden pro Tag Sauerstoff. Wir haben ihn mehrmals ins Krankenhaus eingeliefert. Bevor er ins Gefängnis kam, sagte ihm der Arzt, er solle alle 15 Tage zur Untersuchung kommen. Zuvor ging er alle drei Monate zur Kontrolle. Jetzt haben sie den Abstand auf 15 Tage reduziert. Mein Vater ist schwer krank. Er ist pflegebedürftig, er hat nicht einmal mehr die Kraft, aufzustehen und sich eine Mahlzeit zu kochen.“

Sein Sohn weiß nicht, ob sich im Gefängnis jemand um den Pflegebedürftigen kümmert. Er erklärte: „Wenn meinem Vater plötzlich etwas zustößt, wer wird etwas unternehmen? Hier wird er alle 15 Tage kontrolliert. Diese Bedingungen kann ihm im Gefängnis niemand bieten. Seine Blutgefäße zum Gehirn sind verschlossen. Er kann nicht einmal eine Teetasse halten. Er nimmt 30 verschiedene Medikamente ein. Das Gefängnis hat ein sehr wichtiges Medikament seit zwei Wochen nicht mehr gegeben. Er hat einen Antrag geschrieben, in dem er sagt, dass dieses Medikament lebenswichtig ist. Sie haben ihm das Medikament seit zwei Wochen nicht geliefert, mit der Begründung, es gebe keines.“

Der Sohn berichtete, der Vater sei im Gefängnis Ärzten vorgeführt worden. Ein Arzt habe erklärt, er sei sich bewusst, dass die Krankheit des Vaters sehr schwer sei.

Graswurzelbündnis HDK wird als „Terror“ kriminalisiert

Zu den Vorwürfen gegen seinen Vater erklärte Karaoğlan: „Der HDK ist eine Organisation, der zivilgesellschaftliche Organisationen und Parteien angehören. Mein Vater wurde inhaftiert, weil er in diesem Bündnis aktiv war. Die Anklage lautet auf ‚Mitgliedschaft in einer bewaffneten terroristischen Vereinigung‘. Wie soll mein Vater bewaffnet sein? Wenn dem so wäre, dann sollen sie die Waffe zeigen. Sie sollen sagen: ‚Hier war er an einer bewaffneten Auseinandersetzung beteiligt‘ oder ‚Hier gibt es eine bewaffnete Organisation‘. Wie kann es in Tekirdağ eine bewaffnete Organisation geben? Wir sprechen hier von einem 70-jährigen Mann, der sich nicht einmal eine Tasse Tee zubereiten kann. Wie kann dieser Mann Mitglied einer bewaffneten Organisation sein?“

Wer wird dies verantworten?“

Der Sohn sieht in dem Vorgehen gegen seinen Vater einen Akt der Folter: „Folter ist nicht unbedingt körperlich. Es ist ein grausames Verbrechen, so schwer kranke Menschen ins Gefängnis zu stecken. Sie sperren einen Pflegebedürftigen ins Gefängnis. Wenn mein Vater dort stirbt, wer wird das dann verantworten? Ist das nicht eine Schande?“