Laut den vom türkischen Justizministerium für 2022 bekannt gegebenen Daten ist die Zahl der Untersuchungs- und Strafgefangenen in der Türkei im Vergleich zum Vorjahr um 14,6 Prozent auf 341.294 angestiegen. Zehn Jahre zuvor wurde die Anzahl der Gefangenen mit 136.638 angegeben.
Im letzten Jahr wurden von den Zehntausenden Menschen, die nur aufgrund von Ermittlungen wegen „Organisationszugehörigkeit" festgenommen wurden, 16.748 verhaftet und ins Gefängnis gesteckt.
Mehmet Karataş, Vorsitzender des Menschenrechtsvereins IHD in Wan, geht davon aus, dass sich die Zahl der Gefangenen in den letzten sechs Jahren fast verdreifacht hat. Die Anzahl der Häftlinge übersteige bei weitem die Kapazitäten der Vollzugsanstalten und zeige, wie es um die Menschenrechte in der Türkei bestellt sei, sagte Karataş gegenüber MA: „Je mehr Gefängnisse es in einem Land gibt, desto mehr Menschenrechtsverletzungen gibt es. Gefängnisse sind in dieser Region ein blutiges Problem.“
Der Menschenrechtler wies darauf hin, kranke Gefangene in den Zahlen des Ministeriums nicht gesondert aufgeführt werden: „Das Justizministerium gibt diese Daten nicht weiter. In den Daten unseres Vereins sind mehr als 1.600 kranke Gefangene registriert, und wir haben diese Informationen dem Ministerium übermittelt. Das Ministerium verfügt wahrscheinlich über Daten, die jedoch nicht an die Öffentlichkeit weitergegeben werden.“
Der IHD ist eine Anlaufstelle, an die sich viele Gefangene mit Beschwerden über Menschenrechtsverletzungen wenden, sagte Karataş: „Die Menschen in den Gefängnissen haben in vielen Bereichen Probleme, insbesondere beim Zugang zu Essen, Trinken und Strom. Sie haben Probleme in Bezug auf das Recht auf Gesundheit, Bildung und das tägliche Leben. Es gibt Beschwerden vor allem über Misshandlungen. Die Menschen haben Probleme, wenn sie ins Gefängnis verlegt werden, sie werden in Einzelzellen untergebracht. Die Hauptprobleme sind Misshandlungen durch das Personal und die Gefängnisleitung, Leibesvisitationen und der fehlende Zugang zu medizinischer Versorgung. Gleichzeitig sind die Kommunikation mit der Familie und der fehlende Zugang zu Zeitschriften und Zeitungen sekundäre Probleme, da sich viele Menschen im Gefängnis in akuter Lebensgefahr befinden.“