Che-Bilder in Wan verboten

Im Hochsicherheitsgefängnis von Wan dürfen Gefangene keine Bilder von Fidel Castro und Ernesto „Che“ Guevara besitzen. Nach Auffassung der Anstaltsleitung seien die Anführer der kubanischen Revolution Mitglieder der türkischen DHKP-C.

Die willkürlichen Rechtsverletzungen und Repressionen in türkischen Gefängnissen werden immer absurder. Das zeigt ein aktuelles Beispiel aus dem Hochsicherheitsgefängnis in der nordkurdischen Provinz Wan (Van). Dort dürfen Insassen keine Bilder von Fidel Castro und Ernesto „Che“ Guevara besitzen. Der Grund: Die beiden Anführer der kubanischen Revolution seien nach Auffassung der Anstaltsleitung Mitglieder der in der Türkei verbotenen Revolutionären Volksbefreiungspartei-Front DHKP-C. Das schildert der in Wan inhaftierte politische Gefangene Akil Nergüz in einem Brief an den Journalisten Hacı Bikşin. Womit die Gefängnisleitung ihre sonderbare These begründet, ist nicht bekannt. Die marxistisch-leninistische Organisation DHKP-C wurde 1994 gegründet- also 27 Jahre nach dem Tod „Che“ Guevaras.

Konkret geht es in dem Fall aus Wan um 34 Bilder, die an Taner Korkmaz, einen Mitgefangenen von Nergüz geschickt wurden. Neben Bildern von „Che“ Guevara und Fidel Castro haben sich auch Fotos von Opfern der türkischen „Operation Rückkehr ins Leben“ in dem Umschlag an Korkmaz befunden. Unter dem Namen „Operation Rückkehr ins Leben“ stürmten in der Nacht vom 18. auf den 19. Dezember 2000 rund 8500 schwerbewaffnete Soldaten und Gendarmen, darunter auch speziell ausgebildete Spezialbataillone und Eliteeinheiten der Geheimdienste, 20 türkische Gefängnisse. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich etwa 1150 Gefangene in 48 Gefängnissen im Hungerstreik, 300 von ihnen bereits im Todesfasten, um die Einführung von Isolations- (sogenannten F-Typ-) Gefängnissen zu verhindern. Bei dem militärischen Großangriff mit Präzisionsgewehren, Nachtsichtgeräten, Flammenwerfern, Panzern, Hubschraubern, Nerven-, Rauch- und Gasbomben, Bulldozern, Baggern, Vorschlaghämmern, Schweiß- und Bohrmaschinen wurden mindestens 30 Gefangene getötet und mehrere Hundert verletzt. 34 Menschen gelten bis heute offiziell als „verschwunden“.

In seinem Brief erwähnt Akil Nergüz außerdem, dass den Gefangenen in Wan in der Türkei nicht verbotene Zeitungen wie Yeni Yaşam, Cumhuriyet und Evrensel willkürlich nicht ausgehändigt werden. Auch etliche Bücher seien wegen absurden Begründungen von der Anstalt verboten worden, obwohl gegen die betroffenen Titel keine Verbotsurteile vorliegen. Zudem macht der Gefangene in seinem Brief öffentlich, dass er und seine Mitgefangenen Yusuf Kenan Dinçer, Murat Kaymaz, Taner Korkmaz, Talat Şanlı und Macit Şahinkaya seit rund drei Jahren in Einzelzellen untergebracht sind. Immer wieder würden sie mit Disziplinarstrafen wie Kontaktverbot und Bunkerhaft belegt, heißt es weiter.

„Die spezielle Isolationspolitik beschränkt sich nicht nur darauf, dass wir in Einzelzellen festgehalten werden, obwohl wir keine Häftlinge mit lebenslanger Haftstrafe sind. Auch dürfen wir erst nach allen anderen Gefangenen auf den Hof“, schildert Nergüz nur einen der menschenunwürdigen Zustände im Hochsicherheitsgefängnis von Wan.